Das Motiv der Mantik im antiken Drama
125
Der dem Laios einst erteilte Spruch des Loxias1 zeigt
die milde hypothetische Form wie bei Aischylos, nicht die
harte und bedingungslose wie bei Sophokles (17 ff.):
w Bföaiacv eubtrtoig ava^,
^ aiteloe rexveov aÄoxa öaiuovmv ßla*
el yao TeKVwoeig ^ald', artoxTevel (/ b g)vg
Kal 7tag obg olxog ßijaeTat bi a'i^arog.
Euripides hat aus Gründen der Konformität darauf verzichtet,
das übliche, aber keineswegs ausschließlich gebräuchliche
Versmaß des Hexameters 2 bei dem hier wörtlich wieder-
gegebenen Spruch einzuführen. — Das Orakel ist gegenüber
der sophokleischen Fassung durch die Hereinziehung des itäg
olxog des Oidipus erweitert, offenbar im Anschluß an die
Septem. Dieser Zusatz durfte in einem Drama, das den Unter-
gang der Oidipussöhne behandelt, nicht wegbleiben. In dem
Ratschluß der Götter, der durch das Orakel zum Ausdruck
kommt, muß Laios eine Strafe für den Frevel an Chrysippos
erblicken 3.
Sophokles läßt bloß den Oidipus das Orakel über seine
Abstammung befragen; Laios ist bei ihm nur ein nach Delphi
ziehender Seco^og (Oidipus Tyrannos V. 114); allerdings wird
von Kreon vorsichtig ein % ecpaaxev eingefügt. Euripides
läßt den Laios das Orakel befragen wegen des Schicksals
des ausgesetzten Sohnes; Oidipus selbst gelangt nach dieser
Sagenversion überhaupt nicht nach Delphi, sondern erschlägt
den Laios auf dem Hinweg und kehrt mit dem erbeuteten
Wagen wieder um nach Korinth (45). Wenn Laios das Orakel
um Bescheid angeht aus bangen Zweifeln, so ist das psycho-
logisch sehr treffend; dagegen ist der Zug, Oidipus gar nicht
1 Auf diese Phoinissenstelle geht die Darstellung der Befragung des
Loxias durch Laios auf einem Sarkophagrelief (abgebildet bei Robert, Antike
Sarkophagreliefs II Tafel 60 Nr. 183) zurück.
2 Es war schon bei den Alten ein gfor^a, ob die pythischen Sprüche
alle in Hexametern abgefaßt gewesen seien; das sehen wir aus dem Scholiou
zu Aristophanes Wolken 144. Vgl. Buresch, Klares, Untersuchungen zum
Orakelwesen des späteren Altertums 76 ff.
3 Das steht außer allem Zweifel, da nach der zweiten Hypothesis die
Phoinissen als Schlußstück dem „Oinomaos" und „Chrysippos" folgten.
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Der dem Laios einst erteilte Spruch des Loxias1 zeigt
die milde hypothetische Form wie bei Aischylos, nicht die
harte und bedingungslose wie bei Sophokles (17 ff.):
w Bföaiacv eubtrtoig ava^,
^ aiteloe rexveov aÄoxa öaiuovmv ßla*
el yao TeKVwoeig ^ald', artoxTevel (/ b g)vg
Kal 7tag obg olxog ßijaeTat bi a'i^arog.
Euripides hat aus Gründen der Konformität darauf verzichtet,
das übliche, aber keineswegs ausschließlich gebräuchliche
Versmaß des Hexameters 2 bei dem hier wörtlich wieder-
gegebenen Spruch einzuführen. — Das Orakel ist gegenüber
der sophokleischen Fassung durch die Hereinziehung des itäg
olxog des Oidipus erweitert, offenbar im Anschluß an die
Septem. Dieser Zusatz durfte in einem Drama, das den Unter-
gang der Oidipussöhne behandelt, nicht wegbleiben. In dem
Ratschluß der Götter, der durch das Orakel zum Ausdruck
kommt, muß Laios eine Strafe für den Frevel an Chrysippos
erblicken 3.
Sophokles läßt bloß den Oidipus das Orakel über seine
Abstammung befragen; Laios ist bei ihm nur ein nach Delphi
ziehender Seco^og (Oidipus Tyrannos V. 114); allerdings wird
von Kreon vorsichtig ein % ecpaaxev eingefügt. Euripides
läßt den Laios das Orakel befragen wegen des Schicksals
des ausgesetzten Sohnes; Oidipus selbst gelangt nach dieser
Sagenversion überhaupt nicht nach Delphi, sondern erschlägt
den Laios auf dem Hinweg und kehrt mit dem erbeuteten
Wagen wieder um nach Korinth (45). Wenn Laios das Orakel
um Bescheid angeht aus bangen Zweifeln, so ist das psycho-
logisch sehr treffend; dagegen ist der Zug, Oidipus gar nicht
1 Auf diese Phoinissenstelle geht die Darstellung der Befragung des
Loxias durch Laios auf einem Sarkophagrelief (abgebildet bei Robert, Antike
Sarkophagreliefs II Tafel 60 Nr. 183) zurück.
2 Es war schon bei den Alten ein gfor^a, ob die pythischen Sprüche
alle in Hexametern abgefaßt gewesen seien; das sehen wir aus dem Scholiou
zu Aristophanes Wolken 144. Vgl. Buresch, Klares, Untersuchungen zum
Orakelwesen des späteren Altertums 76 ff.
3 Das steht außer allem Zweifel, da nach der zweiten Hypothesis die
Phoinissen als Schlußstück dem „Oinomaos" und „Chrysippos" folgten.