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Reni in der Renaissance.
einen der Säle des Palazzo Pitti ziert. Zwei Rardinäle erscheinen als Trabanten
dieses Papstgestirns, das den beglückten Römern die Wiederkehr eines goldenen Zeit-
alters zu versprechen schien. 5tatt des schlichten leinenen Hauskleides seiner Vor-
gänger trägt der vornehme Medici ein schweres Atlasgewand unter dem purpurnen
Schultermanteh aber nicht ein einziger Ring schmückt seine vornehmen, wohlgepflegten
Pände, mit denen er die Lupe hält. Vor ihn: auf dem Tische liegt schon der auf-
geschlagene Todex mit den köstlichen Miniaturen bereit, aber noch ist die Aufmerk-
samkeit des Papstes auf andere Dinge gerichtet, und sein scharfes Auge blickt
gespannt zur Seite. Der Ausdruck des vollen Gesichtes ist klug und energisch, aber
nicht ohne einen Zug von Pärte und Genußsucht in den kleinen, kalten Augen und
um den sinnlich geformten Mund. Wir lesen den unzuverlässigen politischen
Tharakter des Papstes in diesen Zügen, wir lernen den fein gebildeten, aber Herzens-
kalten Medicäer kennen, und wir begreifen, daß an seinem pofe die Narren in
höherem Ansehen standen, als Aünstler und Gelehrte, und daß man hier den Genius
eines Raphael zur Bemalung von Toulissen herabwürdigen konnte.
In seinen beiden berühmten Bildnissen Pauls III. im Museum von Neapel
Hat Tizian sich schon äußerlich an Raphaels klassische Papstporträte angeschlossen,
die auch im folgenden Jahrhundert noch für einen Maratta, ja selbst für einen
Velasquez das einzig erstrebenswerte, aber niemals ganz erreichte Ideal geblieben
sind. Iulius II. gab das Vorbild für das erste Porträt des ebenso weißbärtigen,
aber barhäuptig dargestellten Papstes aus dem Geschlecht der Farnese, der nur die
Rechte in den Schoß gelegt hat und den lauernden Blick des etwas müden Auges
geradeaus auf den Beschauer richtet. Leo X. bestimmte wenigstens im allgemeinen
die Romposition des späteren Bildes, wo Paul III., ebenfalls am Tische sitzend, in
Begleitung zweier Nepoten erscheint. Aber wie aufrecht und kraftbewußt ist noch
die Paltung des greisen Iulius in seinem mächtigen, mit den Eicheln der Rovere
geschmückten Lehnsessel, wie gebückt und hinfällig erscheint Paul III. schon in dem
älteren Porträt, wie mumienhaft-abstoßend in dem zweiten, das wenige Jahre
später entstanden ist!
Gewiß, aus dem Tharakter und der Persönlichkeit der Aünstler selbst erklärt
sich zum Teil der Grundunterschied dieser Porträte. War doch Raphael noch nicht
dreißig Jahre alt, als er Iulius II. gemalt hat, während Tizian selber schon ein
Greis war, als ihm die Porträte des Farnese-Papstes noch so meisterlich gelangen.
Aber auch die Zeit, die Meuschen waren andere geworden, und die Natur selbst
war ermüdet, nachdem sie so viel Araftgestalten auf einmal geformt. Ja, das starke
Geschlecht der Renaissance war langsam abgestorben. Patte nicht selbst ein so feiner
Genußmensch, wie Leo X., noch den Mut gehabt, das zu scheiuen, was er war, und wer
vermöchte im Wesen der beiden Rovere-Päpste den geringsten Zug von Unwahrheit
und peuchelei zu entdecken? Aber diese Farnese sind gefährlichere Leute gewesen, sie
durften das Böse nicht mehr vor den Augen aller Welt vollbringen und darum
mußten sie sich auf Täuschung und auf Lüge wohl verstehen. Es liegt etwas tiger-
haft-tückisches in der gebrochenen Erscheinung dieses greisenhaften Papstes, dem
doch der Ruhmestitel gebührt, nächst Iulius II. von allen Päpsten das größte Ver-
ständnis für den Genius eines Michelangelo an den Tag gelegt zu haben, und
Reni in der Renaissance.
einen der Säle des Palazzo Pitti ziert. Zwei Rardinäle erscheinen als Trabanten
dieses Papstgestirns, das den beglückten Römern die Wiederkehr eines goldenen Zeit-
alters zu versprechen schien. 5tatt des schlichten leinenen Hauskleides seiner Vor-
gänger trägt der vornehme Medici ein schweres Atlasgewand unter dem purpurnen
Schultermanteh aber nicht ein einziger Ring schmückt seine vornehmen, wohlgepflegten
Pände, mit denen er die Lupe hält. Vor ihn: auf dem Tische liegt schon der auf-
geschlagene Todex mit den köstlichen Miniaturen bereit, aber noch ist die Aufmerk-
samkeit des Papstes auf andere Dinge gerichtet, und sein scharfes Auge blickt
gespannt zur Seite. Der Ausdruck des vollen Gesichtes ist klug und energisch, aber
nicht ohne einen Zug von Pärte und Genußsucht in den kleinen, kalten Augen und
um den sinnlich geformten Mund. Wir lesen den unzuverlässigen politischen
Tharakter des Papstes in diesen Zügen, wir lernen den fein gebildeten, aber Herzens-
kalten Medicäer kennen, und wir begreifen, daß an seinem pofe die Narren in
höherem Ansehen standen, als Aünstler und Gelehrte, und daß man hier den Genius
eines Raphael zur Bemalung von Toulissen herabwürdigen konnte.
In seinen beiden berühmten Bildnissen Pauls III. im Museum von Neapel
Hat Tizian sich schon äußerlich an Raphaels klassische Papstporträte angeschlossen,
die auch im folgenden Jahrhundert noch für einen Maratta, ja selbst für einen
Velasquez das einzig erstrebenswerte, aber niemals ganz erreichte Ideal geblieben
sind. Iulius II. gab das Vorbild für das erste Porträt des ebenso weißbärtigen,
aber barhäuptig dargestellten Papstes aus dem Geschlecht der Farnese, der nur die
Rechte in den Schoß gelegt hat und den lauernden Blick des etwas müden Auges
geradeaus auf den Beschauer richtet. Leo X. bestimmte wenigstens im allgemeinen
die Romposition des späteren Bildes, wo Paul III., ebenfalls am Tische sitzend, in
Begleitung zweier Nepoten erscheint. Aber wie aufrecht und kraftbewußt ist noch
die Paltung des greisen Iulius in seinem mächtigen, mit den Eicheln der Rovere
geschmückten Lehnsessel, wie gebückt und hinfällig erscheint Paul III. schon in dem
älteren Porträt, wie mumienhaft-abstoßend in dem zweiten, das wenige Jahre
später entstanden ist!
Gewiß, aus dem Tharakter und der Persönlichkeit der Aünstler selbst erklärt
sich zum Teil der Grundunterschied dieser Porträte. War doch Raphael noch nicht
dreißig Jahre alt, als er Iulius II. gemalt hat, während Tizian selber schon ein
Greis war, als ihm die Porträte des Farnese-Papstes noch so meisterlich gelangen.
Aber auch die Zeit, die Meuschen waren andere geworden, und die Natur selbst
war ermüdet, nachdem sie so viel Araftgestalten auf einmal geformt. Ja, das starke
Geschlecht der Renaissance war langsam abgestorben. Patte nicht selbst ein so feiner
Genußmensch, wie Leo X., noch den Mut gehabt, das zu scheiuen, was er war, und wer
vermöchte im Wesen der beiden Rovere-Päpste den geringsten Zug von Unwahrheit
und peuchelei zu entdecken? Aber diese Farnese sind gefährlichere Leute gewesen, sie
durften das Böse nicht mehr vor den Augen aller Welt vollbringen und darum
mußten sie sich auf Täuschung und auf Lüge wohl verstehen. Es liegt etwas tiger-
haft-tückisches in der gebrochenen Erscheinung dieses greisenhaften Papstes, dem
doch der Ruhmestitel gebührt, nächst Iulius II. von allen Päpsten das größte Ver-
ständnis für den Genius eines Michelangelo an den Tag gelegt zu haben, und