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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0086
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Rom in der Renaissance.

höchst lebendige Porträt angebracht, welches er, wie der Blick der Augen deutlich
erkennen läßt, nach dem Spiegel gemalt hat.
Domenico Ghirlandajo war der einzigste unter seinen Landsleuten, der in Rom
kein Fremdling mehr war, als ihn Artus IV. zur Ausmalung seiner Pauskapelle
beries; er hatte schon mehr als fünf Jahre früher mit seinem Bruder David zu-
sammen in der vaticanischen Bibliothek gemalt, wo heute noch im Erdgeschoß des
Palastes Nicolaus' V., in der sogenannten Floreria, einige zweifelhafte Spuren seiner
Thätigkeit vorhanden sind. Auch in der Sixtinischen Aapelle ging ja die Auf-
erstehung Thristi zu Grunde, als die Eingangswand zusammenbrach, aber die groß-


6U Ghirlandajo. Detail aus der Berufung der ersten Jünger.

artige Berufung der ersten Jünger hat sich noch ziemlich unversehrt erhalten (Abb. 60).
Was keinem seiner Vorgänger bisher gelungen, ist in diesem Fresko zur That geworden:
eine feierlich-ernste Stimmung ruht über den: Ganzen. Von Bewegung überwältigt,
sind Petrus und Andreas in die Unie gesunken vor der ehrfurchtzebietenden,
unbeschreiblich edel und schön empfundenen Erscheinung Ehristi. Völlige Eingabe
drückt sich in Mienen und Gebärden des Eholerikers Petrus aus, tiefe Andacht
beseelt den greisenhaften Andreas. Die Teilnehmer links, welche wie ein Thor die
Paupthandlung der Mitte begleiten, scheinen Idealgestalten zu sein, aber zur Rechten
hat der treffliche Ghirlandajo seine Landsleute dargestellt, die Florentiner Aolonie
in Rom, die stets sehr zahlreich und bedeutend gewesen ist (Abb. 6s). Der Erzbischof
von Florenz, Rainalds Orsini, der seine Tage in Rom verbrachte, wird der geistliche
Perr in: violetten Mantel ganz in: Vordergründe sein; neben ihn: erscheint der
 
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