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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0167
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5. Julius II.

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tigen scheinen, die beglückende Harmonie dieser Musik schwebt ihnen doch allen wie
Eonnenglanz um die Etirn. Die Klänge sind ihnen nur so vertraut, Natur und
Umgebung sind so ganz ihr Eigentum, daß sie genießen können, ohne sich zu
sammeln, ohne wenigstens gesammelt zu erscheinen. Mag auch die Gruppe
Petrarcas unter dem Lorbeerbaum sich flüsternd unterhalten, die erhobene Rechte
des Jünglings belehrt uns sofort, daß ihnen die Lieder Apollos nicht entgehen,
und als der greise Dichter der Eappho gegenüber lauter, als erlaubt, sich zu äußern
wagte, hat gleich einer seiner Genossen, freundlich mahnend, den Finger an den
Mund gelegt. Nur Homer spricht ganz laut, aber haben ihn nicht erst die Töne
des Gottes in so tiefe Erregung versetzt, meinen wir nicht, der blinde Dichter
tausche und rede zugleich, wenn wir ihn, das Haupt zum Himmel erhoben, die


^29. Stanza della Segnatura. Verbrennung der griechischen Klassiker.

Rechte tastend ausgestreckt, langsam daherkommen sehen, als triebe es ihn mit un-
widerstehlicher Gewalt, den: Urquell der Melodieen nachzugehen, die ihn selbst zu
neuen Gesängen begeistert Haben?
Fn den zwei Fresken unter dem Harnaß, in Ehiaroscuro ausgeführt, setzt
sich ein Gedanke fort, der schon an der Decke im Eiege des Apoll über Marsyas
zum Ausdruck gebracht worden ist. Unter den Konsuln H. Eornelius und
B. Hamphilus, so erzählt Valerius Maximus in seinen Memorabilien, wurde auf
dem Ianiculus ein Earkophag entdeckt mit griechischen und lateinischen Klassikern
(Abb. f28). Die lateinischen wurden sorgfältigst aufbewahrt, die griechischen aber
wurden verbrannt, weil man ihren Inhalt als religionsgefährlich fürchtete (Abb. ^29).
-0 ist auch hier der Unterschied zwischen wahrem und falschen: Wissen und Ver-
mögen in naiver Weise durchgeführt, die hohe Aufgabe der Hoesie, eine Hriefterin
Gottes zu sein auf Erden, wird noch einmal mit Nachdruck betont.
Steinmann, Rom in der Renaissance. 20
 
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