Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0101
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
H. Innoeenz VIIt. und Alexander VI.

87

Palastfassade, welche auf den Petersplatz sah und seine Lieblingsschöpfung, der
Belvedere, der sich mitten in der Lampagna auf einer Anhöhe nach dem Monte
Mario zu erhob, sind heute zu Grunde gegangen oder vollständig umgebaut.
Jacopo da Pietrasanta wird als Architekt dieses reizend gelegenen, zinnengekrönten
Lustschlosses genannt, dessen Name schon die unbeschreibliche Fernsicht andeutet,
welche man von hier über die unendliche Tampagna und ihre edelgezogenen Pügel-
linien bis zum schroff emporsteigenden Soracte hin genießt. Neber der Eingangs-
pforte der Palazzina prangte das buntfarbige, von Engeln getragene Wappen des
Papstes, das man heute im Saale der freien Künste im Appartamento Borgia
erblickt, eine Robbiaarbeit, aus deren Werkstatt auch die Majolikafliesen Hervor-
gegangen waren, welche die Fußböden der Zimmer bedeckten. Andrea Mantegna
und Pinturicchio Haben den Belvedere mit Fresken geschmückt. Nur mit Mühe
war es dein Kardinal Giuliano gelungen, den berühmten Meister von Mantua für
einige Jahre seinem Beschützer, dein Francesco Gonzaga, abwendig zu machen.
Aber Fürst und Künstler unterhielten eine rege Korrespondenz, und die Briefe
Mantegnas an feinen Herrn geben uns unschätzbare Einblicke in das Leben und
Treiben am römischen pofe und in den Eharakter des Papstes, der niemals Geld
Hatte, seinen Maler zu bezahlen. Sie bezeichnen aber auch den Ernst und Eifer,
mit welchem Mantegna an die neue, umfangreiche Arbeit ging, die seinen Namen
in Rom für alle Zeiten unsterblich gemacht haben würde, wenn nicht barbarische
Hände am Ausgang des vorigen Jahrhunderts die Privatkapelle Znnocenz' VIII.
und ihren köstlichen Freskenschmuck erbarmungslos zerstört hätten. ,Um Eurer
Herrlichkeit willen/ schrieb Meister Andrea am s5. Juni s^8s >an seinen fürstlichen
Herrn, ,bin ich vom Papst und seinem ganzen Hofe gern gesehen, aber irgend eine
Belohnung habe ich bis heute noch nicht erhalten, und man hat mir kaum meine
Auslagen ersetzt. Das Werk ist groß für einen Mann allein, der Ehre einlegen
will, vor allem hier in Ron:, wo so viele unterrichtete und treffliche Leute sind.
And wie beim Wettrennen der erste den Preis erhält, so werde ich ihn wohl als
letzter erhalten, wenn es Gott gefällt/
Zm Zähre s^ßO wurde endlich der Belvedere fertig, dessen Bau der Papst
gleich nach seiner Thronbesteigung begonnen hatte, die Kapelle Mantegnas wurde
Zohannes dem Täufer feierlich geweiht und der Künstler mit geringen: Lohn und
vielen Lobeserhebungen nach Mantua entlassen.
Die ziemlich ausführlichen Beschreibungen der Kapelle vor ihrer Zerstörung
lassen uns den Verlust eines der glorreichsten Denkmäler der römischen Renaissance
nur noch schmerzlicher beklagen, aber sie geben uns wenigstens gegenständlich einen
Begriff von den: Znhalte des Dargestellten. Zm Tambour der kleinen, mit
gemaltem Gitterwerk verzierten Kuppel des quadratischen Raumes sah man viel-
leicht in ganz ähnlicher perspektivischer Verkürzung, wie noch heute in der Tamera
degli Sposi in Mantua, fünfzehn Fruchtkränze tragende Putten; die vier Evangelisten
schmückten die vier Lünetten, und darüber an der Decke schwebte das Wappen
Znnocenz' VIII. Vier Rundfensterchen gliederten die vier Arkadenfelder über dem
Gebälk, und hier erblickte man jedesmal rechts und links ein Paar der Tugenden
,von einer Grazie und Anmut, daß es nicht auszusprechen war'. Den vier weit-
 
Annotationen