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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0117
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q. Smiocenz VIII. und Alexander VI.

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8t. Berlin. Kgl. Aluseen. Herträtbufte
Alexanders VI.

die Schatten der stolzen Gestalten, die hier die Borgen und Genüsse ihrer wechselvollen
Existenz durchkämpst haben, werden wieder vor unseren Augen lebendig.
Das Studium vn einzelnen allerdings muß die Bewunderung Herabstimmen,
denn die Wandfresken, fast alle von derselben, ziemlich ungeschickten Schülerhand
flüchtig al secco gemalt, haben durch die Abblätterung der Farben schwer gelitten.
Die oft wiederholten Schilderungen der Verkündigung Marias, der Geburt des
Kindes und der Anbetung der Könige sind in der ruhig-andächtigen, der umbrischen
Schule von jeher eigentümlichen Weise behandelt und mit kluger Absicht überall
in der Landschaft vollständig gleichmäßig durchgeführt, um eine einheitliche Farben-
wirkung zu erzielen. Erst die Auf-
erstehung Christi, in welcher nur der
Auferstandene vollständig übermalt ist,
erregt durch die knieende Papstsigur
tieferes Interesse (Abb. 7h). Hier hat
Pinturicchio selber Hand angelegt und
in solider Freskotechnik das Bildnis
Alexanders VI. gemalt, welcher, ganz
in das weiße, gold- und perlen-
schimmernde Fluviale gehüllt, der Auf-
erstehung Ehristi mit so unerschütter-
licher Würde beiwohnt, wie etwa einem
der täglich sich in seiner Kapelle wieder-
holenden Meßgebete (Abb. 80 u. 81).
Auch die drei jugendlichen Wächter
(Abb. 82) sind von derselben Hand
in derselben Technik ausgeführt, und
sicherlich ist der mittelste von ihnen,
der die Farben der Borgia trägt, blau
und rot, und aus dem Bilde heraus-
schaut ein Porträt, wahrscheinlich nie-
mand anders, als Lesare Borgia selbst.
In der Himmelfahrt Christi und in
der Ausgießung des hl. Geistes, in
denen sich die andächtige Stimmung

fortsetzt, ist der Madonna jedesmal ein Ehrenplatz gegönnt, aber erst in der
Himmelfahrt Marias, die den Cyklus schließt, scheint auch die Phantasie des
Schülers sich langsam zu erwärmen, und im Porträt des unbekannten Kardinals
entdeckt man die Technik und die Kunst des Kleisters.
Die Gesichtspunkte, welche für die Auswahl der Legendenschilderungen im
Saale der Heiligenleben maßgebend gewesen sind, lassen sich heute nicht mehr nach-
weisen, und ebensowenig kennen wir den Borgiahymnus eitles Hospoeten, welcher
deil Isis- und Gsirisdarstellungen an der Decke zu Grunde gelegen haben muß.
liier oben in den acht Feldern des Awillingsgewölbes hat ein anderer Schüler
Pinturicchios sehr anmutig und naiv den alten ägyptischen Mythus nacherzählt
 
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