104
Rom in der Renaissance.
82. Pinturicchio. Schlafender Krieger.
und die segensreiche Herrschaft des Osiris, seine Vermahlung mit der Zsis, seine
grausame Ermordung durch den Bruder Typhon und endlich das Wunder seiner
Verwandlung verherrlicht. Langsani und würdevoll schreitet der Stier aus dem
jDyramidengrab Hervor, anbetungsvoll neigt sich die erstaunte Menge; wer hätte
diese Huldigung des Borgiageschlechtes und ihrer Verdienste um die Menschheit
nicht verstehen wollen? Die größere Sorgfalt, welche Pinturicchio gerade auf die
Ausschmückung dieses Zimmers verwandt hat, spricht sich nicht nur in den: reichen
figürlichen Schmuck der Wölbung aus. Hat doch der Meister die Heiligenlegenden
an den Hochwänden fast alle selbst gemalt, ist doch die Marmorarbeit des breiten
Frieses so reich und köstlich wie nirgends sonst. Aber auch das Rundbild der
Madonna, deren hinreißende Anmut die
lästersüchtigen Römer die Legende erfinden
ließ, Pinturicchio habe hier die schöne
Giulia Farnese porträtiert, ist ein besonders
strahlendes Juwel im Zimmer der
Heiligenleben, dessen untere Wände heute
die kunstvoll eingelegte Spalliera aus der
alten Bibliothek Sixtus IV. ziert.
Ein ganzes Heer von Heiligen,
Antonius Abbas und Paulus Eremita,
die Madonna selbst und der hl. Sebastian,
Susanna, Barbara und Eaterina sind
zum Schutze dieses merkwürdigen Raumes
angerufen worden, und inan möchte
meinen, es habe in diesen Legenden-
schilderungen, die ohne weiteres unter
einem heidnischen Mythos angebracht
sind, jedes Glied der Borgiafamilie seinem
besonderen Schutzheiligen eine Huldigung
darbringen wollen. Zur Besuch des
hl. Antonius beim Paulus Eremita
Hat Pinturicchio seine ganze Aunst als
Landschaftsmaler glänzen laßen, und die malerische Ausführung ist überdies von
miniaturartiger Feinheit (Abb. 83). Die beiden wackeren Greise haben sich vor-
der Felsenhöhle des Eremiten zur Mahlzeit niedergelassen, und weil jeder die
Ehre des Brotbrechens abgelehnt, das der treue Rabe soeben gebracht, brechen
sic das Stück gleichzeitig auseinander. Rechts hinter den andächtigen Begleitern
ist das Erenritenglöcklein an einem unbehauenen Baumstamm aufgehängt, links
nahen sich drei gehörnte Teufelinnen mit Geierkrallen und Fledermausflügeln, den
ahnungslosen Heiligen zu versuchen. Die Verkündigung Marias an derselben Wand,
welche überreich ist an anmutigen Erfindungen im einzelnen, fällt gegenständlich aus
dem Lyklus der Heiligenlegenden Heraus. Sollte sich eine typologische Beziehung
zur hl. Susanna gegenüber nachweisen lassen? Jedenfalls bemerkt man, daß die
einzige Darstellung aus den, alten Testament der einzigen Schilderung aus dem
Rom in der Renaissance.
82. Pinturicchio. Schlafender Krieger.
und die segensreiche Herrschaft des Osiris, seine Vermahlung mit der Zsis, seine
grausame Ermordung durch den Bruder Typhon und endlich das Wunder seiner
Verwandlung verherrlicht. Langsani und würdevoll schreitet der Stier aus dem
jDyramidengrab Hervor, anbetungsvoll neigt sich die erstaunte Menge; wer hätte
diese Huldigung des Borgiageschlechtes und ihrer Verdienste um die Menschheit
nicht verstehen wollen? Die größere Sorgfalt, welche Pinturicchio gerade auf die
Ausschmückung dieses Zimmers verwandt hat, spricht sich nicht nur in den: reichen
figürlichen Schmuck der Wölbung aus. Hat doch der Meister die Heiligenlegenden
an den Hochwänden fast alle selbst gemalt, ist doch die Marmorarbeit des breiten
Frieses so reich und köstlich wie nirgends sonst. Aber auch das Rundbild der
Madonna, deren hinreißende Anmut die
lästersüchtigen Römer die Legende erfinden
ließ, Pinturicchio habe hier die schöne
Giulia Farnese porträtiert, ist ein besonders
strahlendes Juwel im Zimmer der
Heiligenleben, dessen untere Wände heute
die kunstvoll eingelegte Spalliera aus der
alten Bibliothek Sixtus IV. ziert.
Ein ganzes Heer von Heiligen,
Antonius Abbas und Paulus Eremita,
die Madonna selbst und der hl. Sebastian,
Susanna, Barbara und Eaterina sind
zum Schutze dieses merkwürdigen Raumes
angerufen worden, und inan möchte
meinen, es habe in diesen Legenden-
schilderungen, die ohne weiteres unter
einem heidnischen Mythos angebracht
sind, jedes Glied der Borgiafamilie seinem
besonderen Schutzheiligen eine Huldigung
darbringen wollen. Zur Besuch des
hl. Antonius beim Paulus Eremita
Hat Pinturicchio seine ganze Aunst als
Landschaftsmaler glänzen laßen, und die malerische Ausführung ist überdies von
miniaturartiger Feinheit (Abb. 83). Die beiden wackeren Greise haben sich vor-
der Felsenhöhle des Eremiten zur Mahlzeit niedergelassen, und weil jeder die
Ehre des Brotbrechens abgelehnt, das der treue Rabe soeben gebracht, brechen
sic das Stück gleichzeitig auseinander. Rechts hinter den andächtigen Begleitern
ist das Erenritenglöcklein an einem unbehauenen Baumstamm aufgehängt, links
nahen sich drei gehörnte Teufelinnen mit Geierkrallen und Fledermausflügeln, den
ahnungslosen Heiligen zu versuchen. Die Verkündigung Marias an derselben Wand,
welche überreich ist an anmutigen Erfindungen im einzelnen, fällt gegenständlich aus
dem Lyklus der Heiligenlegenden Heraus. Sollte sich eine typologische Beziehung
zur hl. Susanna gegenüber nachweisen lassen? Jedenfalls bemerkt man, daß die
einzige Darstellung aus den, alten Testament der einzigen Schilderung aus dem