5. Julius II.
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wagte, an den geheiligten Bau von 5t. Peter die zerstörende Hand zu legen, der
im vaticanischen Palast fast alles das geschaffen hat, was wir heute dort bewundern,
der weiter nichts im Ropfe zu Haben fchien, als Riesenpläne, wie über dem alten
Rom ein neues zu errichten sei, und dessen kurze zehnjährige Regierungszeit doch
von inneren und äußeren Aämpfen aller Art erfüllt gewesen ist. Mie gewaltig
auch Julius' II. Verdienste um das endliche Aufbühen der Renaissancekunst gewesen
sein mögen, wie hoch auch das Verständnis und die Förderung anzuschlagen sind,
die er dem Dreigestirn an seinem Hofe entgegenbrachte, er selber betrachtete die
Festigung des Rirchenstaates, die Vertreibung der Fremdlinge aus Italien, die
5icherung der geistlichen Machtstellung des Papsttums als die höchsten Ausgaben
seiner Regierung, denen er nachstrebte mit dem Einsetzen seiner ganzen Persönlichkeit,
deren endliche Verwirklichung er als höchsten Triumph seines Liebens empfand.
Stand Bramante auch so hoch in der Gunst des Papstes, daß dieser auf alle feine
Pläne einging und den genußfrohen Mann mit Reichtümern überschüttete, hat
Julius II. auch dem Genius Raphaels die höchste Bewunderung entgegengebracht,
ein tiefes persönliches Verhältnis verband ihn nur mit den, dritten seiner Rünstler,
den er als Bildhauer nach Roni berief und als Maler an die Decke der 5ixtinischen
Rapelle fesfelte. Michelangelo war ebenso gewaltthätig, stolz und aufbrausend in
seinen: Wesen, ebenso groß und edel angelegt in seinem Tharakter wie der Papst,
von den: er nur die Eigenschaft voraus halte, daß die Erfahrungen einer Harten
Fügend ihn gelehrt hatten, seiner Leidenschaften Herr zu fein. Und doch kam es
schon nach Jahresfrist zu einem völligen Bruch zwischen Papst und Rünstler.
Anfangs war Iulius II. durch den Entwurf des eigenen Grabmals entzückt gewesen,
das nach den Worten Vasaris durch seine majestätische Schönheit und durch den
Reichtun: seiner Ornamente und Skulpturen jedes römische Raisergrab übertroffen
Haben würde, und als Michelangelo mit riesigen Marmorblöcken aus Larrara
zurückgekehrt war und seine Werkstatt auf dem Petersplatze aufgeschlagen Hatte,
kau: 5e. Heiligkeit auf einer Hängebrücke oft unbemerkt zu ihn: herüber und plauderte
mit ihn: ,wie mit einem Bruder'. Dann aber nahm Bramante, der Grund Hatte,
Michelangelos wachsenden Einfluß zu fürchten, die Phantasie des Papstes durch
seine gigantischen Baupläne gefangen, politische Sorgen kamen hinzu, kurz, die
Besuche Julius' II. Hörten auf, die Zahlungen stockten, und als Michelangelo endlich
erfahren mußte, daß man ihn: den gewohnten freien Zutritt in: Vatican verweigerte,
verließ er am s7. April j506, einen Tag vor der feierlichen Grundsteinlegung der
neuen Peterskirche, in Zorn und Verzweiflung die Stadt, und weder Bitten noch
Drohungen konnten ihn bewegen, zurückzukehren. Das war der erste Akt der
Tragödie vom Grabmal Julius' II., welches erst im Jahre fö^ö im rechten
Seitenschiff von 5. Pietro in Vincoli zur Aufstellung gelangte und volle vierzig
Jahre lang das Leben Michelangelos durch immer wieder nötig werdende Rontrakts-
umänderungen und Auseinandersetzungen mit den Testamentsvollstreckern ver-
bittert hat.
,Du hättest zu uns kommen sollen und hast gewartet, bis wir zu dir gekommen
sind', fuhr Iulius seinen Rünstler in: Herbste desselben Jahres in Bologna an, wohin
sich Michelangelo endlich aufgemacht hatte, den Papst um Verzeihung zu bitten.
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wagte, an den geheiligten Bau von 5t. Peter die zerstörende Hand zu legen, der
im vaticanischen Palast fast alles das geschaffen hat, was wir heute dort bewundern,
der weiter nichts im Ropfe zu Haben fchien, als Riesenpläne, wie über dem alten
Rom ein neues zu errichten sei, und dessen kurze zehnjährige Regierungszeit doch
von inneren und äußeren Aämpfen aller Art erfüllt gewesen ist. Mie gewaltig
auch Julius' II. Verdienste um das endliche Aufbühen der Renaissancekunst gewesen
sein mögen, wie hoch auch das Verständnis und die Förderung anzuschlagen sind,
die er dem Dreigestirn an seinem Hofe entgegenbrachte, er selber betrachtete die
Festigung des Rirchenstaates, die Vertreibung der Fremdlinge aus Italien, die
5icherung der geistlichen Machtstellung des Papsttums als die höchsten Ausgaben
seiner Regierung, denen er nachstrebte mit dem Einsetzen seiner ganzen Persönlichkeit,
deren endliche Verwirklichung er als höchsten Triumph seines Liebens empfand.
Stand Bramante auch so hoch in der Gunst des Papstes, daß dieser auf alle feine
Pläne einging und den genußfrohen Mann mit Reichtümern überschüttete, hat
Julius II. auch dem Genius Raphaels die höchste Bewunderung entgegengebracht,
ein tiefes persönliches Verhältnis verband ihn nur mit den, dritten seiner Rünstler,
den er als Bildhauer nach Roni berief und als Maler an die Decke der 5ixtinischen
Rapelle fesfelte. Michelangelo war ebenso gewaltthätig, stolz und aufbrausend in
seinen: Wesen, ebenso groß und edel angelegt in seinem Tharakter wie der Papst,
von den: er nur die Eigenschaft voraus halte, daß die Erfahrungen einer Harten
Fügend ihn gelehrt hatten, seiner Leidenschaften Herr zu fein. Und doch kam es
schon nach Jahresfrist zu einem völligen Bruch zwischen Papst und Rünstler.
Anfangs war Iulius II. durch den Entwurf des eigenen Grabmals entzückt gewesen,
das nach den Worten Vasaris durch seine majestätische Schönheit und durch den
Reichtun: seiner Ornamente und Skulpturen jedes römische Raisergrab übertroffen
Haben würde, und als Michelangelo mit riesigen Marmorblöcken aus Larrara
zurückgekehrt war und seine Werkstatt auf dem Petersplatze aufgeschlagen Hatte,
kau: 5e. Heiligkeit auf einer Hängebrücke oft unbemerkt zu ihn: herüber und plauderte
mit ihn: ,wie mit einem Bruder'. Dann aber nahm Bramante, der Grund Hatte,
Michelangelos wachsenden Einfluß zu fürchten, die Phantasie des Papstes durch
seine gigantischen Baupläne gefangen, politische Sorgen kamen hinzu, kurz, die
Besuche Julius' II. Hörten auf, die Zahlungen stockten, und als Michelangelo endlich
erfahren mußte, daß man ihn: den gewohnten freien Zutritt in: Vatican verweigerte,
verließ er am s7. April j506, einen Tag vor der feierlichen Grundsteinlegung der
neuen Peterskirche, in Zorn und Verzweiflung die Stadt, und weder Bitten noch
Drohungen konnten ihn bewegen, zurückzukehren. Das war der erste Akt der
Tragödie vom Grabmal Julius' II., welches erst im Jahre fö^ö im rechten
Seitenschiff von 5. Pietro in Vincoli zur Aufstellung gelangte und volle vierzig
Jahre lang das Leben Michelangelos durch immer wieder nötig werdende Rontrakts-
umänderungen und Auseinandersetzungen mit den Testamentsvollstreckern ver-
bittert hat.
,Du hättest zu uns kommen sollen und hast gewartet, bis wir zu dir gekommen
sind', fuhr Iulius seinen Rünstler in: Herbste desselben Jahres in Bologna an, wohin
sich Michelangelo endlich aufgemacht hatte, den Papst um Verzeihung zu bitten.
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