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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0016
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Rom in der Renaissance.


2. Lateran. Ulosterhof.
Waxxenemblem Ricolaus' V.

glänzenden Denkmäler hier unten begraben. Hier erblickt man in den beiden ge-
räumigen Marienkapellen Freskenreste und Mosaikfragmente aus der zerstörten
Basilica, ein ganzes Heer von Heiligenstatuen bevölkert die finsteren Aorridore, lange
Reihen von Reliefskulpturen zerstückelter Tabernakel und Altäre sind in die Wände
des Rundganges eingemauert, der in weitem Bogen das Apostelgrab umschließt. Ja,
was die Bildhauer der römischen Renaissance herrlichstes geleistet haben, liegt noch
Heute in der Nacht der vaticanischen Grotten verborgen, wohin schon Paul V. vor fast
dreihundert Jahren alle die stummen Zeugen einer der glorreichsten und verhängnis-
vollsten Epochen der Papstgeschichte verbannt hat.
Zur rechten Schiff der sogenannten alten
Grotten, die sich unter dem Mittelschiff der
neuen Peterskirche hinziehen, ist ein Papst-
grab an das andere gereiht. Hier erhebt
sich nicht weit von den Riesengräbern Boni-
faz' VIII. und Pauls II. der einfache Stein-
farkophag von Nicolaus V., jenes hochsinnigen
und gelehrten Papstes, dessen kurze, glückliche
Regierung man als das Morgenrot der Renais-
sance bezeichnen kann (Abb. f). Man be-
trachtet nicht ohne tiefe Bewegung die fein
geschnittenen Züge dieses merkwürdigen Man-
nes, der sich in jungen Zähren als einfacher
Magister sein Brot verdiente, und von Stufe
zu Stufe emporklimmend, endlich auf den Stuhl
Petri erhoben, in kühner Phantafie ein neues
Rom erschuf, herrlicher noch in feiner Er-
scheinung, weltbedeutender noch durch seine
geistige Macht und Würde, als das alte.
Nicolaus V. Hat zuerst die zerstörende Hand
an die Basilica von 5t. Peter gelegt, er hat
zuerst von einem Riesendom geträumt, der das

Apostelgrab umschließen sollte, und was erst einem Michelangelo gelungen ist,
das hat schon Leon Battista Alberti, der genialste Architekt der Frührenaissance,
in seiner Seele bewegt.
Niemand anders als Aenea Silvio Piccolomini, als Pius II. nicht minder
berühmt in den Annalen der Papstgeschichte wie Nicolaus selbst, hat die Grabschrift
für dies Mouument verfaßt, das wie alle übrigen zerstückelt ist und seines reichen
Statuenschmuckes beraubt wurde. Hier preist der geistvolle Humanist den toten
Papst als den Begründer eines goldenen Zeitalters, er nennt ihn weiser als alle
die Weisen, welche er um sich gesammelt hatte, er rühmt ihn als Wiederhersteller
der Mauern, Airchen und Paläste Ronis und fordert endlich die Nachwelt auf,
diesen: Heilige:: Grabe Weihrauch zu streuen. Aber gerade die großartigsten Bau-
pläne Nicolaus' V., der Neubau des vaticanischen Borgo, des päpstlichen Palastes
und der Peterskirche bleiben in der Grabschrift unerwähnt, vielleicht weil mit ihrer
 
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