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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0033
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xs. Vatican. Lortile del Mareschallo. Paolo Romano. Wappen Pius' II.

Vespasiano da Bisticci hat in seinen Lebensbeschreibungen berühmter Männer
dem Nachfolger Nicolaus' V., Calixt III., eine sehr Harte Aeußerung über die Ver-
schleuderung der Kirchengüter zu weltlichen Zwecken in den Mund gelegt, die, mag
sie nun wahr sein oder nicht, doch die Stellung charakterisiert, welche der neue Papst
aus dem spanischen Geschlechte der Borgia während seiner kurzen Regierung den
Künstlern und Gelehrten gegenüber einnahm. Die mit allen verfügbaren Mitteln
angestrebte Bekämpfung der Türkengefahr, die verhängnisvolle Begünstigung seiner
unwürdigen Nepoten füllte die dreijährige Regierungszeit des greisen, immer kränk-
lichen Papstes aus, den die Dichter vergebens beschworen, den begonnenen Neubau
von St. Peter sortzusetzen. Aber wie der kunstfeindliche Adrian VI. vierundsechzig
Zahre später nicht verhindern konnte, das; die Renaissance ihren Weg verfolgte und
jenem erhabenen Abschluß entgegenstrebte, die sie im Kuppelbau von St. Peter ge-
funden hat, so hat auch Calixt III. den Zeitgeist nicht zu bannen vermocht. Schon
Pius II., obwohl vorwiegend von litterarischen Interessen erfüllt und durch die Gründung
einer ganzen Stadt, seines heimatlichen Pienza, der Sorge für die Denkmäler Roms
entfremdet, griff auf die Traditionen Nicolaus' V. zurück, ohne sich indessen an die
Wiederaufnahme auch nur eines seiner gewaltigen Baupläne zu wagen. Mehr wie
für Architektur uud Malerei hat dieser Papst in seiner Pauptstadt für die Plastik
gethan, aber ein ungnädiges Geschick hat diese Werke fast alle der Vernichtung
preisgegeben, oder in der Nacht der vaticanischen Grotten begraben.
Part an der Ponte Molle, weit hinaus vor der Porta del Popolo, steht eine
kleine Kapelle, dem heiligen Andreas geweiht. Tin enger, mauerumgürteter, halb
verfallener Friedhof lehnt sich an den Bau, und hier erhebt sich, von Typressen
umragt, auf gewaltigem Unterbau ein weißes Marmorbild. Lampagna-Stimmung
herrscht da draußen, die der mäßig belebte Verkehr von Wagen und Fußgängern
auf der weltberühmten Brücke nicht zu stören vermag. Etwas abseits vom Wege
entdeckt man im hohen Grase die Trümmer eines Barockpalastes. Ein kolossales
Papstwappen, Engelsköpse und Löwenmasken, Blumenornamente und Rankenwerk,
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