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Rom in der Renaissance.
zusprechen scheint, der seinem scheidenden Meister stumme Beteuerungen der Liebe,
des Glaubens, der Selbstverleugnung nachsendet, den erwählten Eckstein der Kirche,
den Apostel jstetrus (Abb. HO). And derselbe Künstler, der mit so wunderbarer Schärfe
ernste Würde, Arast und Eharakter zu zeichnen verstand, hat in dem Konzert musizierender
Engel, welche die Heimkehr Ehristi in sein Reich begrüßen, so rührend schöne, so
zarte und gedankenvolle Himmelskinder geschaffen, wie sie die Welt vor ihm noch
nicht gesehen hatte.
Alle die strahlenden Sterne am wolkenlosen Nachthimmel hat Shakespeare
einmal einen: gewaltigen Ehor singender Engel und Eherubin: verglichen und den
ganzen unermeßlichen Weltenraum hat er sich in jener zaubervollen Mondschein-
träumerei in: Kaufmann von Venedig von süßester Sphärenmusik erfüllt gedacht.
Melozzo da Forli versuchte, sich die unsichtbare Welt in ganz derselben Weise zu
versinnlichen; in einen: Engelkonzert hat er die unaussprechlichen Harmonieen der
unsterblichen Seelen zum Ausdruck gebracht, welche Shakespeare über sich fühlte und
in sich selbst vermißte.
Wir wissen heute nicht mehr, in welcher Weise sich Melozzos menschlich
übermenschliche Wesen um ihren König scharten; der Ausammenklang dieser Musik
in Farben wurde jäh zerrissen, als barbarische Hände das Fresko der Apostelkirche
zerstückelten. Aber wir fühlen auch noch bei:n Anblick der einzelnen Engel, die ihre
Instrumente so still und innig, so jubelnd und begeisterungsvoll spielen, wie ahnungs-
voll hier der Künstler das Unbeschreibliche nachempfunden hat, wir können uns
zurückträumen in die dämmernde Ehorapsis von SS. Apostoli, wir sehen die ernsten
Apostel ihren: Herrn mit den Augen, mit den: Herzen folgen, wir sehen den Auf-
erstandenen, wie er sich segnend über sie emporhebt, und wenn unser Ohr die
Klänge und Gesänge der Engel nicht hört, die ihn freudig begrüßen, so mag uns
das Gleichnis Shakespeares trösten. Als sich ihm in jener stillen Sternennacht die
Millionen Leuchtkörper aus der dunkelblauen Tiefe als Melodieen einer großen
Himmelsharmonie offenbarten, erfaßte ihn unaussprechliche Sehnsucht, diese Klänge
zu verstehen. Umsonst!
Denn, ach, solange des Verfalls verächtlich Kleid
Uns ganz umhüllt, vernehmen wir sie nicht.
Und doch fand die Musik, deren pflege und Kultus einer der merkwürdigsten
Lharakterzüge der Renaissance ist, in der bildenden Kunst niemals wieder eine so
glorreiche Verherrlichung, wie in den Engeln des Melozzo da Forli. Sie stehen
meistens selber unter dem Banne der Melodieen, die sie hervorbringen, sie lauschen
und spielen zugleich. Ja, in: Instrument, das sie führen, äußert sich auch zugleich
ihr Temperament: die Sanguiniker spielen die Guitarre, die Melancholiker Violine,
und die Tholeriker lassen mächtig Zimbel und Tamburin ertönen. Die Guitarren-
spieler haben allein noch Gedanken für die Welt, die sie umgiebt, ja das frauenhaft
schöne Wesen, welches sein Instrument auss Knie gestützt hat und so gespannt auf
die Erde herniederschaut, hat vielleicht noch niemals den Himmel verlassen und sieht nun
zum ersten Male die Menschen sich dort unten aus dem grünen H>lan bewegen (Abb. Hs).
Die beiden, welche Violine spielen und leise dazu singen, gehen dagegen völlig
Rom in der Renaissance.
zusprechen scheint, der seinem scheidenden Meister stumme Beteuerungen der Liebe,
des Glaubens, der Selbstverleugnung nachsendet, den erwählten Eckstein der Kirche,
den Apostel jstetrus (Abb. HO). And derselbe Künstler, der mit so wunderbarer Schärfe
ernste Würde, Arast und Eharakter zu zeichnen verstand, hat in dem Konzert musizierender
Engel, welche die Heimkehr Ehristi in sein Reich begrüßen, so rührend schöne, so
zarte und gedankenvolle Himmelskinder geschaffen, wie sie die Welt vor ihm noch
nicht gesehen hatte.
Alle die strahlenden Sterne am wolkenlosen Nachthimmel hat Shakespeare
einmal einen: gewaltigen Ehor singender Engel und Eherubin: verglichen und den
ganzen unermeßlichen Weltenraum hat er sich in jener zaubervollen Mondschein-
träumerei in: Kaufmann von Venedig von süßester Sphärenmusik erfüllt gedacht.
Melozzo da Forli versuchte, sich die unsichtbare Welt in ganz derselben Weise zu
versinnlichen; in einen: Engelkonzert hat er die unaussprechlichen Harmonieen der
unsterblichen Seelen zum Ausdruck gebracht, welche Shakespeare über sich fühlte und
in sich selbst vermißte.
Wir wissen heute nicht mehr, in welcher Weise sich Melozzos menschlich
übermenschliche Wesen um ihren König scharten; der Ausammenklang dieser Musik
in Farben wurde jäh zerrissen, als barbarische Hände das Fresko der Apostelkirche
zerstückelten. Aber wir fühlen auch noch bei:n Anblick der einzelnen Engel, die ihre
Instrumente so still und innig, so jubelnd und begeisterungsvoll spielen, wie ahnungs-
voll hier der Künstler das Unbeschreibliche nachempfunden hat, wir können uns
zurückträumen in die dämmernde Ehorapsis von SS. Apostoli, wir sehen die ernsten
Apostel ihren: Herrn mit den Augen, mit den: Herzen folgen, wir sehen den Auf-
erstandenen, wie er sich segnend über sie emporhebt, und wenn unser Ohr die
Klänge und Gesänge der Engel nicht hört, die ihn freudig begrüßen, so mag uns
das Gleichnis Shakespeares trösten. Als sich ihm in jener stillen Sternennacht die
Millionen Leuchtkörper aus der dunkelblauen Tiefe als Melodieen einer großen
Himmelsharmonie offenbarten, erfaßte ihn unaussprechliche Sehnsucht, diese Klänge
zu verstehen. Umsonst!
Denn, ach, solange des Verfalls verächtlich Kleid
Uns ganz umhüllt, vernehmen wir sie nicht.
Und doch fand die Musik, deren pflege und Kultus einer der merkwürdigsten
Lharakterzüge der Renaissance ist, in der bildenden Kunst niemals wieder eine so
glorreiche Verherrlichung, wie in den Engeln des Melozzo da Forli. Sie stehen
meistens selber unter dem Banne der Melodieen, die sie hervorbringen, sie lauschen
und spielen zugleich. Ja, in: Instrument, das sie führen, äußert sich auch zugleich
ihr Temperament: die Sanguiniker spielen die Guitarre, die Melancholiker Violine,
und die Tholeriker lassen mächtig Zimbel und Tamburin ertönen. Die Guitarren-
spieler haben allein noch Gedanken für die Welt, die sie umgiebt, ja das frauenhaft
schöne Wesen, welches sein Instrument auss Knie gestützt hat und so gespannt auf
die Erde herniederschaut, hat vielleicht noch niemals den Himmel verlassen und sieht nun
zum ersten Male die Menschen sich dort unten aus dem grünen H>lan bewegen (Abb. Hs).
Die beiden, welche Violine spielen und leise dazu singen, gehen dagegen völlig