Z. Sirtns IV.
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in der Welt der Töne auf. Welch eine seelenvolle Schöpfung ist dieser blonde Engel
mit dem mächtigen, bunt schimmernden Flügelpaar, der sein Instrument so zierlich
faßt und leise singend mit aufwärtsgerichtetem Auge den Melodieen folgt, die seine
Hand dem Instrumente entlockt (Abb. ^2)! Wie begeistert stürmen der Zimbelspieler
und der Tamburinschläger gegen den Himmel an, als wollten sie, wie Vasari sich aus-
drückt, die Wölbung durchbrechen, wie still beglückt läßt das jüngste Englein sein
Glockenspiel ertönen, wenn wir so die Bewegung der allein erhaltenen Rechten deuten
dürfen, die einen zierlichen Stab zwischen den Fingern hält! So können wir die
Musik in allen ihren Aeußerungen, ja in allen ihren Wirkungen in diesen Engeln
verfolgen, vom leisen Geflüster der Guitarre und den süßen Melodieen der Viola
bis zum fröhlichen Läuten silberner Glöcklein und den laut rauschenden Tönen von
Zimbel und Tamburin. Und jede menschliche Stimmung drückt sich in diesen
HZ. Palazzo di Venezia.
lockigen Engelskindern aus, von süß versunkener Selbstvergessenheit bis zum lautesten
Jubel der Begeisterung. Die Aunst der Perspektive, der Zeichnung, der Verkürzung
hat von jeher alle Welt an diesen Fresken gerühmt, die leider auch in den Farben
nicht mehr intakt sind, aber tiefer noch ergreift uns die Seele, die in diesen kraft-
vollen, mit allem Reichtum von Schönheit und Jugend geschmückten Rörpern wohnt.
Diese vollwangigen Himmelskinder, denen sich ein breiter Aranz goldener Sterne
als Himmelsabglanz um die Lockenköpfe legt, haben nur einen Gedanken, nur einen
Wunsch, nur ein Bestreben: Gottes Herrlichkeit zu preisen, den heimkehrenden
Himmelskönig mit den süßesten Lobgesängen des Paradieses zu empfangen. In
dem Fresko von SS. Apoftoli hat sich Glauben und Schauen in einem strahlenden
Gleichnis vereinigt, Seligkeit im Himmel und Sehnsucht aus Erden, aber mit dem
Segen des scheidenden Gottessohnes senkt sich, von unaussprechlichen Melodieen
getragen, der Geist des Friedens und der Tröstung auf die zurückbleibenden Jünger,
auf die erlöste Welt hinab.
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in der Welt der Töne auf. Welch eine seelenvolle Schöpfung ist dieser blonde Engel
mit dem mächtigen, bunt schimmernden Flügelpaar, der sein Instrument so zierlich
faßt und leise singend mit aufwärtsgerichtetem Auge den Melodieen folgt, die seine
Hand dem Instrumente entlockt (Abb. ^2)! Wie begeistert stürmen der Zimbelspieler
und der Tamburinschläger gegen den Himmel an, als wollten sie, wie Vasari sich aus-
drückt, die Wölbung durchbrechen, wie still beglückt läßt das jüngste Englein sein
Glockenspiel ertönen, wenn wir so die Bewegung der allein erhaltenen Rechten deuten
dürfen, die einen zierlichen Stab zwischen den Fingern hält! So können wir die
Musik in allen ihren Aeußerungen, ja in allen ihren Wirkungen in diesen Engeln
verfolgen, vom leisen Geflüster der Guitarre und den süßen Melodieen der Viola
bis zum fröhlichen Läuten silberner Glöcklein und den laut rauschenden Tönen von
Zimbel und Tamburin. Und jede menschliche Stimmung drückt sich in diesen
HZ. Palazzo di Venezia.
lockigen Engelskindern aus, von süß versunkener Selbstvergessenheit bis zum lautesten
Jubel der Begeisterung. Die Aunst der Perspektive, der Zeichnung, der Verkürzung
hat von jeher alle Welt an diesen Fresken gerühmt, die leider auch in den Farben
nicht mehr intakt sind, aber tiefer noch ergreift uns die Seele, die in diesen kraft-
vollen, mit allem Reichtum von Schönheit und Jugend geschmückten Rörpern wohnt.
Diese vollwangigen Himmelskinder, denen sich ein breiter Aranz goldener Sterne
als Himmelsabglanz um die Lockenköpfe legt, haben nur einen Gedanken, nur einen
Wunsch, nur ein Bestreben: Gottes Herrlichkeit zu preisen, den heimkehrenden
Himmelskönig mit den süßesten Lobgesängen des Paradieses zu empfangen. In
dem Fresko von SS. Apoftoli hat sich Glauben und Schauen in einem strahlenden
Gleichnis vereinigt, Seligkeit im Himmel und Sehnsucht aus Erden, aber mit dem
Segen des scheidenden Gottessohnes senkt sich, von unaussprechlichen Melodieen
getragen, der Geist des Friedens und der Tröstung auf die zurückbleibenden Jünger,
auf die erlöste Welt hinab.