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Steinmann, Ernst
Rom in der Renaissance: von Nicolaus V. bis auf Julius II. — Berühmte Kunststätten, Band 3: Leipzig: Seemann, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.74094#0079
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2. Sirius IV.

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äußeren Bitten und die verborgenen Geiftesströmungen einer einzigartigen Zeit in
einzigartiger Weise widerspiegeln muß.
Wie in der äußeren Anlage der Aapelle und ihrer Dekoration der strenge
Charakter altchristlicher Basiliken nachgeahmt ist, so greift auch der Bilderkreis
inhaltlich auf eine ehrwürdige Tradition zurück, welche die wichtigsten Vorgänge
im alten Bunde als vorbedeutend sür die Heilsthatsachen im neuen angesehen und
behandelt wissen wollte. Aber während die zahlreichen, wenigstens litterarisch über-
lieferten Bilderkreise aus dem ersten Jahrtausend und darüber hinaus bis dahin
thatsächliches dem thatsächlichen vorgebildet hatten, griff die Renaissance in ihrem


25. Sixtinische Kapelle. Botticelli. Das Jugendleben des Moses.

Aultus der sstersönlichkeit sofort das Individuum heraus, und Aloses, der Gesetz-
geber, wurde Thristus, dem Verkündiger des Evangeliums, in allen Hauptbegebnissen
seines Lebens als jstrototypus gegenübergestellt. Ja, man hat den typologischen
Beziehungen gleich zu Anfang die chronologische Reihenfolge geopfert, wenn die
Beschneidung der Rinder des Rioses, die vorbildliche Thatsache für die Taufe
Lhristi, der Jugendgeschichte des Rioses vorausgeht.
jstinturicchio, Aeruginos damals noch ganz unberühmter Schüler, hat Be-
schneidung links und Taufe rechts vom Hochaltar fast ganz allein gemalt und hier
sofort seinen offenen Sinn sür die Natur und ihre Schönheiten an den Tag gelegt,
der ihm heute besonders unsere Zuneigung sichert. Die Taufe rechts Hat Perugino
wohl noch selbst entworfen — er hat den Gegenstand ja so oft behandelt —, aber
die malerische Ausführung überließ er fast ganz seinem Gehülsen, der auch im
Hintergründe selbständig die heitere Flußlandschaft gemalt hat (Abb. H8). Im Mittel-
Steinmann, Rom in der Renaissance. 9
 
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