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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0113
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delt es sich um Schemata, wie sie fast auf jedem Epitaph dieser Zeit zu finden
sind. Will man in der kleinen Skizze einen Bezug zur ausgeführten Holzschuher-
Tafel suchen, so mag man ihn rechts in dem Wappen der Frau finden, da dieses
- anders (!) als das bürgerliche Holtzmann 'sehe Wappen auf der Glimm'sehen
Tafel - wie auf der Holzschuher-Beweinung mit einem Helm und einer sog.
Helmzier (es scheint es sich dabei um »Vogelschwingen« zu handeln) ausge-
zeichnet ist.
In der Holzschuher-Tafel finden sich zahlreiche Hinweise, die es nahelegen,
die Zeichnung als eine erste Vorstufe zu dieser Beweinung anzusehen: Es ist
dies zunächst einmal die grundsätzliche Lage des Toten (Kopf rechts, Beine
links), auch der Zipfel des Leichentuches unter dem Toten, wodurch - im Ver-
gleich zum Holzschnitt (B.13) - an den Seiten bereits etwas Raum für die unten
unterzubringenden Stifterfiguren gewonnen wurde (Siehe dazu auch Seite 102
dieser Arbeit). Vorbereitet sind auf der Zeichnung bereits das im Oberkörper et-
was vorgeneigte Stehen der aufragenden »Maria Kleophas« vor der Landschaft
links, sowie der dunkle Grabhügel oben rechts mit den auf den Himmel proji-
zierten Zweigen; der große Klagegestus ist stark ausgeprägt. Aber auch Ele-
mente der Handlung sprechen eher für einen Entwurf zur Holzschuher-Bewei-
nung als für einen Entwurf zur Glimm'schen Tafel: In entsprechender Weise ist
es hier noch Johannes, der - hinter Jesus hockend - die aktive Rolle des um den
Toten bemühten Helfers einnimmmt. Josef von Arimathäa hat seinen »Ehren-
platz« zwischen Maria und Johannes noch nicht gefunden und überragt die
Gruppe (bereits auf die spätere Lösung der Glimm'schen Tafel verweisend, auf
der Johannes eine solche Position, als Abschluß einer vergleichbaren Figuren-
kette, mit anderer Besetzung854 der Figuren, einnimmt) als Standfigur hinter Ni-
kodemus; letzterer scheint das Gefäß - ganz in Übereinstimmung mit der Holz-
schuher-Tafel - auf der Zeichnung noch mit beiden Armen zu halten. Die Figur
der Maria Magdalena - hier mit einem Salbgefäß hinter der Mutter Christi -
nimmt in etwa die Stelle ein, an welche in der Ausführung des Bildes der hier
oben stehende Josef von Arimathäa »wandern« sollte; den Einfall der
Glimm'schen Beweinung, diesen in der ihm zukommenden Rolle des aktiven
Helfers855 zu zeigen, hatte Dürer zu jenem Zeitpunkt offenbar noch nicht gehabt.
Im mittleren und oberen linken Bereich führt uns »der freie Blick« in einer der
Holzschuher-Tafel vergleichbaren Weise in die Ferne. Durch die Versetzung des
stehenden Josef von Arimathäa in eine geschlossene, um den Toten gefügte
Gruppe darunter (zwischen Maria und Johannes), gelang es dem Künstler, rechts
oben - neben dem Grabhügel - den Blick auf die Stadt links dahinter freiwerden
zu lassen. Auf die gezeichnete Geste der Mutter de.s Toten, die dessen Hand hält
 
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