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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0207
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noch sichtbare ruhige Konzentration auf die mittlere Szene wurde - zugunsten
einer »geschwätzigen« Eigenständigkeit der Ritter-Tafeln - endgültig aufgeho-
ben. Die Ritter-Tafeln erschienen nunmehr als »Gemälde« und nicht mehr als
untergeordnete Flügeltafeln.
Ich schließe mich der Meinung Goldbergs1929 an, daß eine sichere Zuschrei-
bung dieser nunmehr entfernten Übermalungen an einen bestimmten Künstler
der namentlich bekannten Hofmaler des Herzogs heute, allein aufgrund der
Kenntnis der Abbildungen, nicht möglich ist. Zugeschrieben wurden die Über-
malungen meistens »Johann Georg Fischer«1930, aber auch1931 Johann Brüderle1932
(gest. 1634). Derartige Übermalungen lassen sich auch bei anderen Bildern der
Pinakothek1933 nachweisen. Durch die Abnahme der großflächigen Überarbeitun-
gen ist es weitgehend gelungen, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
So wurden die Stifterfiguren, deren Vorhandensein durch die Übermalung hin-
durch erkennbar war1934, ebenso wie die Attribute der Heiligen freigelegt. Gleich-
zeitig wurden dabei die seitlich an den Flügeln angestückten Bildelemente besei-
tigt, die zur Vergrößerung der Seitentafeln gedient hatten.
1.4. Der »Weg« der Tafeln von der Kammergalerie zur Alten Pinakothek
Die Altartafeln sind erstmals 1628/30 inventarmäßig1935 in München nachweis-
bar. In der Inventarbeschreibung der kurfürstlichen Kammergalerie ist die Mit-
teltafel unter den religiösen Bildern ("Geistliche Stuckh") als Nummer 1 ver-
zeichnet1936. Aus der Beschreibung der Flügel1937, aber auch aus den Maßanga-
ben1938, ist ersichtlich, daß die Tafeln zu diesem Zeitpunkt bereits verändert wa-
ren. Die Flügelinnenseiten wurden zu den profanen Bildern ("weltlich gemalte
Stuckh"), Nr.50 und Nr.51 gezählt, weshalb der Herzog auch davon absah, Flü-
gel und Mittelstück in seiner »Kunstkammer« beieinander zu lassen und sie ge-
trennt ausstellen ließ1939. Zu diesem Zeitpunkt war also bereits der ursprüngliche
Altarzusammenhang zerrissen, die Beziehung der Flügel zum Mittelbild gelöst.
Die Maße der Flügel waren verändert, die Darstellung profanisiert. Da der Über-
maler die Flügel an beiden Seiten durch Anstücken von Holz verbreitert hatte,
wäre ein Schließen der Flügel sowieso nicht mehr möglich gewesen. Die nun als
Pendants aufgehängten Flügel mit den Rittergestalten konnten durch ihr neues
Format in der herzoglichen Galerie gewissermaßen wie eigenständige Bilder
wirken.
"Vor der Plünderung der Residenz durch die Schweden konnten die Bestände
der Kammergalerie durch Auslagerung weitgehend geschützt werden, schon vor
1635 war die Rückführung möglich."1940
 
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