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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0253
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gartner-»Kinder« die Gedächtnistafel für ihre Eltern im Jahre 1503 bei Albrecht
Dürer in Auftrag gegeben haben, sodaß das Bild - anders als die beiden Flügel-
tafeln - 1503/04 zu datieren ist.
Die immer deutlichere Integration der kleinen Stifterfiguren ins Bild, die sich
schrittweise vom Holzschuher-Epitaph über das Glimm 'sehe Gedächtnisbild bis
zur Paumgartner-Tafel vollzieht, mag ebenfalls für diese Reihenfolge der Tafeln
sprechen. Wie auf der Florentiner "Anbetung der Könige" von 1504 war Dürer
auch beim Paumgartner-Altar bereits bemüht, das Monogramm auf der Bildtafel
zu »rechtfertigen«, indem er es gewissermaßen ins Holz des Pfostens »ein-
schnitzte«; auf der "Anbetung der Könige" findet es sich (allerdings mit der Jah-
reszahl!) in entsprechender Weise auf einen Stein im Vordergrund »eingemei-
ßelt«. Durch diese These würde sich auch die Frage klären, warum die beiden
Söhne an dem Altar gleich zweimal (auf der Mitteltafel und auf den Flügeln) ab-
gebildet wurden.
Kurz vor seiner zweiten Reise nach Italien (Spätsommer 1505) mag Dürer -
so Löcher - nun von Seiten der Paumgartner den Auftrag2455 erhalten haben, das
Epitaph in einen Flügelaltar mit Standflügeln2456 zu erweitern. Die Neuplanung
erlaubte es, die Flügel mit den »Portraits« der Paumgartner-Brüder mit dem Epi-
taphienbild zu vereinigen. Das Paumgartner-Epitaph könnte2457 demnach ur-
sprünglich - wie die (zuvor entstandenen) beiden Epitaphien für Holzschuher
und Glimm - ohne Flügel, an einem Pfeiler2458 der Kirche gehangen haben; auch
die »Replik« der Tafel (Hierzu siehe Teil III, Kapitel 4.1. dieser Arbeit) hängt
heute zu St. Lorenz an einem Pfeiler. Mit der Auflösung [bzw. Umgestaltung]
des älteren Altars in der Katharinenkirche wird die bekannte Gedächtnistafel an
dessen Stelle getreten sein und diesen - nun erstmals in Kombination mit Dürer-
Flügeln und den beiden Standflügeln - ersetzt bzw. »verbessert« haben. Da das
Ostende des südlichen Seitenschiffs von vornherein genügend Raum bot2459,
konnte das Epitaphienbild Albrecht Dürers - nunmehr um die beiden Ritterflü-
gel und Standflügel erweitert - dort, an hervorgehobener Stelle des Kirchenrau-
mes, seine ganze Pracht entfalten.
Löcher weist darauf hin, daß Dürer selbst für "einen so ehrenvollen Auftrag"
wie den großformatigen Passionsaltar2460 für den sächsischen Kurfürsten Fried-
rich den Weisen (und seinen Bruder Johannes den Beständigen) nicht bereit war,
mehr als Entwurfszeichnungen2461 zu liefern. Die Ausführung (1505/07) dieses
Projektes - ein Triptychon - habe er, als er zu seiner zweiten Reise nach Vene-
dig aufgebrochen war, seinem zu jener Zeit engsten2462 Mitarbeiter Hans Schäu-
felein überlassen. Man mag verstehen, daß er auch die Zusammenfügung eigener
älterer und noch zu schaffender Bildtafeln zu einem Paumgartner-Altar fremden
 
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