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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0257
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von von je her als die die Altartafel begleitenden Elemente bekannt sind. Der be-
sondere Epitaphcharakter eines Werkes zeigt sich daher vornehmlich in der Auf-
gabe, welche ein solches Bild - als gestiftete Memorialtafel - für den damaligen
Besteller und innerhalb der Kirche zu erfüllen hatte: als Zeichen dieser Gedächt-
nisfunktion sind uns - abgesehen von einem schriftlichen Todesvermerk [der oft
fehlt] - darauf meist die sog. »Stifterfiguren« erhalten geblieben, die in späteren
Zeiten allerdings gerne übermalt wurden. Der »Epitapha/tar« dürfte sich vor-
nehmlich durch seine darüber hinausgehende Funktion - als Altar - in der Kir-
che, sowie durch die üblichen Altarelemente von einem »lediglich« als Gedächt-
nistafel konzipierten Bild unterscheiden lassen; das Vorhandensein von Elemen-
ten, die zugleich auf eine Funktion als Memorialtafel schließen, lassen erst eine
Charakterisierung des Werkes als Epitaphaltax zu. Der Umkehrschluß, daß eine
spätere Verwendung einer ursprünglich (!) als Epitaph konzipierten Tafel in ei-
nem größeren »Epitaphaltar« diesen in seinem ursprünglichen Charakter als
»Epitaph« herabsetze, ist nicht möglich. In diesem Sinne ist auch Kutschbach2493
(1995) deutlich zu widersprechen, die in ihrer Arbeit über die »Altäre« Albrecht
Dürers den wenig überzeugenden Versuch antrat, die Löcher'sche Vorstellung
zu widerlegen. Löcher hatte durch seine knappe These die Tafel in eine ältere,
deutlich ausgeprägte Nürnberger Bildtradition gestellt; Kutschbach hingegen
konnte durch ihre vorgebrachten Argumente nicht zu einer Klärung der zweifels-
ohne bestehenden (!) Widersprüche im Paumgartner-»Altar« beitragen. Die auf
den Seiten 217/218 dieser Arbeit dargelegten (richtigen) Überlegungen Deckers
stehen mit der hier vorgestellten »Lösung« zur Datierungsfrage generell nicht in
Widerspruch. Die Tatsache, daß die Flügel nicht deutlich - durch Größe der Fi-
guren und Bildhintergrund - auf die Mitteltafel bezogen sind, ist kein Beweis
dafür, daß die Flügel gleichzeitig mit dieser Tafel entstanden. Bei einer Neu-
kombination eines Epitaphienbildes Dürers mit den Dürer 's chen Seitentafeln ei-
nes älteren Altars hätte die beauftragte Werkstatt auf ein bereits existentes
»Altarschema von Mittelschrein und Flügeln« zurückgegriffen, das so - gewis-
sermaßen2494 - in einer Nürnberger Altartradition stand. Die von Decker geäu-
ßerte Vorstellung einer hierarchischen Struktur von Mitteltafel und Flügeln (sog.
»Sphärensprung«) hätte bereits für den angenommenen2495 »Vorgängeraltar« ge-
golten und wäre dem beauftragten zeitgenössischen Umgestalter nur gelegen ge-
kommen.
Die Idee der Patrizierfamilie Paumgartner, ein - offenbar in den Jahren
1503/04 entstandenes - Dürerepitaph bereits in den Jahren 1505/06 in einen in
seiner Gesamtwirkung sicherlich prachtvolleren Epitaphaltar umgestalten zu las-
sen, mag nicht zuletzt als eine Reaktion auf die Glimm'sehe Beweinung zu ver-
 
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