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Steinraths, Felix J. F.
Albrecht Dürers Memorialtafeln aus der Zeit um 1500: Holzschuher-Epitaph - Glimm'sche Beweinung - Paumgartner-Altar; Rezeption, Forschungsstand und offene Fragen — Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Lang, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.74231#0265
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Goldberg2559 hält den Eindruck der Frankfurter Tafel für »irritierend«, jedoch für
»bewußt provoziert«, denn Harrich habe ja bereits »vier Jahre zuvor [1613 bei
der Erwerbung der Originaltafel durch Herzog Maximilian] Dürers Werk origi-
nalgetreu wiederholt«. Dies ist sicher richtig und auch Pfaff2560 erkannte, daß das
Bild als direkte Übernahme eines Düreroriginals, d.h. als Kopie, nicht zu werten
sei: man könne sich bei der Beurteilung von Harrichs Kopistenhandwerk kaum
auf seine freie Wiederholung des Paumgartner-Mittelbildes stützen.
Auch die Frankfurter Kopie zeigt keinerlei Übernahmen von der Art der
Münchner Übermalung der Stifterfiguren, weshalb ich annehme, daß die Umge-
staltung in München erst später, vielleicht tatsächlich (wie schon öfters gemut-
maßt2561 wurde) 1618 entstanden ist, also erst fünf Jahre nachdem Maximilian I.
Dürers Werke in Händen hatte. Lediglich das große Gestirn war bereits auch auf
der Frankfurter Kopie verdeckt gewesen.
"Es ist uns nichts davon überliefert, auf welchem Wege Harrichs Gemälde in
das Kloster gelangt ist oder welcher Bestimmung es dort gedient hat."2562 "Der
Auftraggeber ist nicht bekannt."2563 Für die Vermutung, daß sich auch eine "Ge-
burt Christi" von Dürers Hand in der Frankfurter Dominikanerkirche befunden
hätte, welche bevor sie verkauft, vorher von Harrich kopiert worden wäre, fehlen
alle Anhaltspunkte. Das Vorhandensein der Kopie der Geburt Christi aus der
Dominikanerkirche dürfte sich aber daraus erklären lassen, daß nachdem die
Mönche des Klosters diesen Meister 1613/1614 durch die Kopie der Mitteltafel
des Heller-Altars2564 kennengelernt hatten, sie sich entweder bei ihm noch ein an-
deres Bild bestellten oder ein solches durch Kauf an sich brachten.2565 Möglicher-
weise darf man in dem so ganz anders gestalteten Kopf des Josef ein Bildnis2566
des Stifters dieser spiegelverkehrten Tafel sehen. Die Art, wie bereits Dürers Jo-
sef vor Maria kniet, mag es nahegelegt haben, auf einer Kopie in der Figur des
Josef ein Stifterbildnis zu »verbergen«.
Johann Wolfgang v. Goethe scheint2567 das große Bild, nach der Aufhebung
der Frankfurter Klöster, gesehen zu haben; zumindest wird er davon gewußt ha-
ben, da es in seinen Vorarbeiten zum 1./2. Heft (1816/17) Ȇber Kunft und A1-
terthum« - in knapp beschreibender Form - als Bild aus dem Dominikaner-
kloster, unter anderen Werken, aufgezählt2568 wird. Die aus dem Kloster stam-
menden Bilder seien "erhalten und zufammengebracht", jedoch noch nicht auf-
gestellt worden, weil der Raum dazu fehlte. Sie verdienten aber die größte Auf-
merksamkeit.2569
Bereits im Jahre 1820 wird die Kopie als Werk des J. Harrich von Schütz2570
unter den »dem Museum zu Frankfurt am Main zuständigen Gemälden« ge-
nannt.
 
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