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die in nicht unbedeutenden Bissen in den Gewölben in Erscheinung
treten.

Vom Ausbau des Hauptturms und von der Erstellung- des Strebe-
systems her liegen statische Berechnungen für die jetzt vorliegenden Auf-
gaben so gut wie nicht vor. Hier ist die ganze Arbeit neu anzufassen.

Die Einleitung ist getroffen, und zwar durch folgende Vorarbeiten, die
Professor Dr. von Hammer in Stuttgart ausgeführt hat:

1. Einnivellieren einer großen Anzahl von Punkten am Äußern und im
Innern des Münsters, so daß jede Senkung am Bau — bezogen auf
einen auf dem Münsterplatz eingelassenen Pixpunkt — aufs genaueste
festgestellt werden kann.

2. Pestlegen der Turmspitze mittelst trigonometrischer Winkelmessung
gegen drei je etwa 2—3 km vom Münster entfernt liegende Fix-
punkte, womit bleibende Veränderungen der Lage der Turmspitze
jederzeit genau bestimmt werden können.

Im weiteren wird eine Feststellung des geologischen Aufbaus des Bau-
grundes nötig sein. Professor Dr. Sauer in Stuttgart hat die Untersuchung
zugesagt.

Endlich ist eingeleitet die Aufstellung zweier Seismographen im Ge-
wölbe unter der Pyramide des Turmes zur Beobachtung der Bewegungen
des Turmes bei Stürmen, Erdbeben, Glockengeläute usw. Die Aufstellung
erfolgt nach Angaben von Professor Dr. Mainka in Göttingen.

Die statischen Berechnungen selbst sind von mir längst in Angriff
genommen worden. Die Grundzüge stehen fest. Die Arbeit im einzelnen
durchzuführen, wird noch längere Zeit beanspruchen. Mit Ergebnissen
schon hervorzutreten, wäre in jeder Hinsicht verfrüht.

Bei Eßlingen liegt die Frage insofern einfacher, als dort keine Senkungen
festgestellt sind. Umständliche Voruntersuchungen fallen somit hier weg.
Doch wird sich eine statische Untersuchung der Standfestigkeit des Turmes
im ganzen wie-in seinen Teilen nicht umgehen lassen, wenn die dort nötige
Bestauration auf einen sicheren Boden gestellt werden soll.

Zu alledem kommt aber nun noch die Frage der Beschaffung der er-
forderlichen Mittel, eine zumal unter den heutigen Verhältnissen immer
drückender werdende Sorge. Es ist selbstverständlich, daß ein völlig er-
werbsloses Unternehmen, wie die Erhaltung alter Baudenkmäler, unter
der heutigen allgemeinen Wirtschaftsnot am stärksten zu leiden hat. Weder
Kirche noch Staat sind heutzutage in der Lage, die erforderlichen Baumittel
aufzubringen. Es bleibt wie früher, so auch heute wieder als einziger gang-
barer Ausweg nur übrig, durch Baulotterien einen Baufond zu schaffen.
Verschieben läßt sich auch das nicht. Denn wird nicht dafür gesorgt, daß
die vor 60 .Jahren wieder erstandene Ulmer Münsterbauhütte mit ihren
reichen Erfahrungen und Überlieferungen erhalten und in Tätigkeit bleibt,
so ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß die inzwischen zu einem
Verkommen der Bauten sich auswach'senden Schäden später nicht nur un-
verhältnismäßig größeren Aufwand erfordern, sondern vielleicht, zumal von
ungeschulten Kräften, überhaupt nicht mehr überwunden werden können.

Die heute mit der Hut dieser Bauwerke Betrauten übernehmen die Ver-
antwortung dafür nicht, sondern erheben ihre Stimme und rufen auch in-
mitten der heutigen allgemeinen Finanznot um Hilfe. (Lebhafter Beifall.)
 
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