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Strzygowski, Josef
Das Werden des Barock bei Raphael und Correggio: nebst einm Anhang über Rembrandt — Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.71578#0107
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Correggio.

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seine Kuppelmalereien übernommen. Als Beleg könnte sogar an-
geführt werden, dass sich daraus erkläre, warum der Putto so
ängstlich dreinblicke und das hemdartige Gewandstück trage, das
doch allen seinen um die vier Heiligen von Parma schwebenden
Gefährten fehlt. Aber diese Drapirung kommt oben in der Kup-
pel selbst oft genug vor. Auch scheint gegen diese Annahme die
Ungezwungenheit der Einordnung in das Kuppelgemälde und ein
Detail zu sprechen; man beachte den hinter dem Knaben her-
flatternden Gewandzipfel: im Fresko ist derselbe ganz kurz, die
Wolke setzt seine Rundung fort, in der Tafel, wo die Wolke
dafür nicht zur Verfügung stand, nimmt der Zipfel selbst diese
Form an und schwebt, statt nachzuflattern, unerklärlich voraus.
Die Sachlage ist verwandt der Art wie Raphael ein Gewandmotiv
Fra Bartolomeos in seinem S. Severobilde in Perugia verwendet.
Die Zweifel an der Echtheit scheinen mir, angesichts der
wunderbaren Beweglichkeit des Lichtes, die in dem Wiener
Bilde steckt und die nur Correggio selbst so lebendig hervorzu-
zaubern wusste, unberechtigt. Wenn Thode hervorhebt, dass Cor-
reggio sich nie wiederholt habe, so ist das unrichtig (Vgl. unten
S. 109). Das halbe Schweben und Hängen bildet er öfter
in dieser Art. So einmal sehr ähnlich schon in der Kuppel von
S. Giovanni unter einem der Apostel (Kn. 42). Aucli in der
Kopfwendung des Knaben handelte es sich um ein Lieblingsmotiv
des Künstlers, den die Idee, den Wolkenschieber in eine weit-
räumige Gebirgslandschaft zu versetzen und zum Liebling des Zeus
zu machen, an sich zur Ausführung reizen mochte.
Wie dem auch immer sei, Correggio verliebt sich in das Motiv des
blondgelockten Knaben, mit den seelenvollen Augen. Der im
Putto-Ganymed so ungemein einfach und natürlich zurückgewandte
Kopf kehrt wieder im Centrum eines grossen Tafelgemäldes, der
Madonna della Scodella. (Kn. 94/5. Kl. B. 938.) Man ver-
gleiche diese Ruhe auf der Flucht in Parma mit dem Jugend-
werke in den Uffizien (Kn. 17). Es liegt dieselbe Entwicklung vor
wie bei den beiden bis jetzt besprochenen Dresdener Bildern:
dort eine in religiöser Scheu und den hergebrachten Formen
befangene Ausdrucksweise, hier dagegen ein Emporrauschen
 
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