Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Strzygowski, Josef
Das Werden des Barock bei Raphael und Correggio: nebst einm Anhang über Rembrandt — Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1898

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.71578#0127
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Anhang. Rembrandt. ^^
greift er auf sie zurück und setzt sich dadurch in geraden Gegen-
satz zu seinen Heimatgenossen mit Franz Hals an der Spitze,
der, kann man fast sagen, überhaupt nie ein religiöses Bild gemalt
hat. Man sollte nun meinen, dass Rembrandt sich infolgedessen
der grossen europäischen Kunstbewegung nähert, die ja noch
immer vorwiegend dem christlichen Ideenkreise zugewandt war.
Davor aber bewahrt ihn zweierlei. Einmal, dass er Holländer und
damit Protestant war, keine starrgewordene Tradition also seine
individuelle Freiheit hemmt. Ihm ist vielmehr durch Luther der
Urquell des christlichen Glaubensinhaltes in der Bibel unmittelbar
in die Hand gegeben. Darein vertieft er sich mit ganzer Seele,
ihr entnimmt er die klare Erkenntnis des Lebens überhaupt, und
in sie trägt er dann auch wieder das frisch Lebendige der Wirk-
lichkeit hinein. Dabei unterstützt ihn das zweite Moment, welches
ihm volle Unabhängigkeit sichert, die eigene durchaus in sich
selbst wurzelnde Individualität. Darauf ist ja neuerdings sehr
energisch hingewiesen und Rembrandt gerade deshalb als der pas-
sendste Erzieher unserer Zeit hingestellt worden.
Er ist in dieser Beziehung wie Correggio der Antipode Ra-
phaels. Während dieser sich alle Eindrücke so zu eigen macht,
dass sie sich vollkommen in seinem Selbst lösen und dann mit
derselben Frische und Naivetät wieder zum Vorschein kommen,
wie wenn sie in ihm ihren Ursprung hätten, so dass wir erst
heute anfangen, die mannigfachen Wurzeln seiner Kunst aufzu-
decken, nimmt Rembrandt nichts auf. Er bringt zwar, wie das
Inventar seiner im Jahre 1656 versteigerten Kunstsammlungen be-
weist, der Antike sogut, wie der älteren und gleichzeitigen italie-
nischen, deutschen und niederländischen Kunst das grösste Sammler-
interessse entgegen, ja er entlehnt vereinzelt einmal der älteren
Kunst Züge, die sicli seinem Gedächtnis als besonders treffend
eingeprägt haben,1 im Allgemeinen aber muss man sagen, dass
es gar keinen Künstler gegeben hat, der von vornherein so durch-
aus nach eigenem Empfinden in Form und Ausdruck vorgegangen

1 Vgl. Hofstede de Groot im Jahrbuch der kgl. preussischen
Kunstsammlungen 1894 S. 175 ff.
 
Annotationen