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Strzygowski, Josef
Das Werden des Barock bei Raphael und Correggio: nebst einm Anhang über Rembrandt — Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.71578#0030
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II. Raphael und Bramante.

seiner venetianischen Reise im Frühjahre 15081 ausgiebig ver-
wendet. In der Madonna del Baldachino tritt das venetianische
Element nicht nur in der Gesammtcomposition, sondern vor Allem
auch darin hervor, dass im Hintergründe die halbrunde Apsis und
vorn die beiden Engel raumfüllend angebracht sind. Wie dem
auch immer sei, der Typus der Santa Conversazione ist der
Ausgangspunkt für zwei römische Madonnen Raphaels, die in
drastischer Weise die Umwandlung durch die Einführung des
künstlichen Raumes und Lichtes zeigen. Die Madonna di Foligno
(Kn. 66, Kl. B. 747) ist eine S. Conversazione, in welcher der Thron
weggelassen ist, um einer weiträumigen Ferne Platz zu machen.
Blicken wir auf die beiden knieenden Gestalten im Vordergründe,
besonders den ekstatischen Kopf des heiligen Franciskus, und
vergleichen sie mit Leonardos Auferstehung in Berlin und dem
Kopfe der heiligen Lucia, so wird klar, woher der Anstoss zur
Umwandlung des alten Typus gekommen sein mag. Die Land-
schaft in der Art des Dosso Dossi und die, wie oft bei Dürer, darauf
ruhende Wolke, füllen die Stelle, wo sonst der Thron steht; der
Putto vorn in der Mitte hält einen verlorenen Posten fest.2
In ähnlicher Weise durchdringt Leonardos Grottenmadonna
die Santa Conversazione in Raphaels Madonna del Pesce (Kn. 67,
Kl. B. 333). Hier ist die Einführung des Lichtes für Raphael mass-
gebend gewesen. Es ist eine Vereinfachung aller Formen einge-
treten, die Gestalten haben mächtig an Bedeutung gewonnen.
Bezeichnend ist wie Raphael sofort auch in der Composition den
Barock, die Periode des malerischen Stils durchgreifen lässt. Noch
ist das Mittellot und die symmetrische Anordnung dominirend,
aber in der Richtung des Vorhangrandes, die durch den Arm

1 Crowe & Cavalcaselle, Gesch. der italienischen Malerei ed. Jordan
IV S. 456.

2 Es darf vielleicht darauf hingewiesen werden, dass das Schema
der Composition dieser Madonna der nordischen Kunst nicht fremd
ist. Der Kölner Meister der hl. Sippe wendet es bereits um 1484 in
seinem frühesten Werke dem Votivbilde des Grafen von Neuenahr in
Schloss Bloemersheim an. Abbildung bei Scheibler-Aldenhoven, Ge-
schichte der Kölner Malerschule.
 
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