II. Raphael und Bramante. 29
auf eine überzeugende Raumgliederung im Aufbau der Gruppen
losgingen.
Den Beweis dafür möchten wir erbringen, indem wir von
Filippo Lippi's Krönung Mariae von 1441 in der Akademie zu
Florenz ausgehen (Kl. B. 800). Es ist unläugbar, dass der Frate
darin mit aller Ueberlegung auf einen klaren räumlichen Aufbau
hingearbeitet hat. In die Mitte des Bildes ist ein Dreieck gesetzt,
das seine Spitze im Haupte der Maria und dem sie krönenden
Gotte hat, während die Seiten durch die perspectivisclr zusammen-
laufenden Linien einer reichen Thronanlage gebildet werden. In
den vorderen Ecken erscheinen links und rechts Gestalten, die wie
Stützpunkte gegen das Ausweichen der Dreiecksseiten dastehen:
rechts sehr klar hervortretend Johannes der Täufer, links, etwas
durch einen knieenden Mönch verdeckt, ein Bischof. Dahinter
und ausserhalb der Thronschranken sind coulissenartig die
Himmelschöre angeordnet. Für uns hat besonders Interesse, wie
versucht ist, das statische Uebereinander des mittleren Dreieckes
in ein räumliches Hintereinander umzubilden. Dabei wird jede
Ueberschneidung vermieden dadurch, dass die Gestalten in der
Mitte des Vordergrundes knieen, hinter ihnen aber mittelst einer
Stufe der Boden so erhöht ist, dass dadurch die beiden Haupt-
figuren vollkommen abgerundet herausgehoben sind. In der Ein-
führung der erhöhten Terrasse im Hintergründe sehe ich den
einen noch unbeholfenen Ansatz zu der Art, die später Raphael
wiederaufnimmt. Viel wesentlicher ist ein zweiter Umstand; Fra
Filippo begnügt sich nicht einfach mit den perspectivisch an-
steigenden Linien um den Eindruck der räumlichen Vertiefung
hervorzubringen, sondern wiederholt auch in der Mitte und am
oberen Ende die beiden vorn als Stützpfeiler der Composition auf-
ragenden Figuren des Johannes und des Bischofs, indem er an ihre
Stelle Engel setzt, im Ganzen vier, die ein von der Hauptfigur aus-
gehendes stolaartiges Band halten. In der perspectivischen Auf-
einanderfolge dieser je drei seitlichen Stützfiguren sollte dem Be-
schauer die Raumtiefe besonders überzeugend gemacht werden.
Sie bilden sozusagen den festen, greifbaren Rahmen für die Raum-
composition.
3
auf eine überzeugende Raumgliederung im Aufbau der Gruppen
losgingen.
Den Beweis dafür möchten wir erbringen, indem wir von
Filippo Lippi's Krönung Mariae von 1441 in der Akademie zu
Florenz ausgehen (Kl. B. 800). Es ist unläugbar, dass der Frate
darin mit aller Ueberlegung auf einen klaren räumlichen Aufbau
hingearbeitet hat. In die Mitte des Bildes ist ein Dreieck gesetzt,
das seine Spitze im Haupte der Maria und dem sie krönenden
Gotte hat, während die Seiten durch die perspectivisclr zusammen-
laufenden Linien einer reichen Thronanlage gebildet werden. In
den vorderen Ecken erscheinen links und rechts Gestalten, die wie
Stützpunkte gegen das Ausweichen der Dreiecksseiten dastehen:
rechts sehr klar hervortretend Johannes der Täufer, links, etwas
durch einen knieenden Mönch verdeckt, ein Bischof. Dahinter
und ausserhalb der Thronschranken sind coulissenartig die
Himmelschöre angeordnet. Für uns hat besonders Interesse, wie
versucht ist, das statische Uebereinander des mittleren Dreieckes
in ein räumliches Hintereinander umzubilden. Dabei wird jede
Ueberschneidung vermieden dadurch, dass die Gestalten in der
Mitte des Vordergrundes knieen, hinter ihnen aber mittelst einer
Stufe der Boden so erhöht ist, dass dadurch die beiden Haupt-
figuren vollkommen abgerundet herausgehoben sind. In der Ein-
führung der erhöhten Terrasse im Hintergründe sehe ich den
einen noch unbeholfenen Ansatz zu der Art, die später Raphael
wiederaufnimmt. Viel wesentlicher ist ein zweiter Umstand; Fra
Filippo begnügt sich nicht einfach mit den perspectivisch an-
steigenden Linien um den Eindruck der räumlichen Vertiefung
hervorzubringen, sondern wiederholt auch in der Mitte und am
oberen Ende die beiden vorn als Stützpfeiler der Composition auf-
ragenden Figuren des Johannes und des Bischofs, indem er an ihre
Stelle Engel setzt, im Ganzen vier, die ein von der Hauptfigur aus-
gehendes stolaartiges Band halten. In der perspectivischen Auf-
einanderfolge dieser je drei seitlichen Stützfiguren sollte dem Be-
schauer die Raumtiefe besonders überzeugend gemacht werden.
Sie bilden sozusagen den festen, greifbaren Rahmen für die Raum-
composition.
3