Correggio. 89
und sich verneigenden Gestalten in der Diagonale wechseln lässt,
und so in das Ganze eine Art Drehung bringt, die, von der ge-
schraubten Madonna aufgenommen, oben wunderbar in den um
ihr Haupt kreisenden Engeln ausklingt, beachtet man ferner den
malerisch unsicheren und unplastischen Aufbau des Thrones,
so bekommt man den lebendigen Eindruck, wie dem jungen
Genie der ererbte Roclc eng wird, er die Arme reckt und es nur
eines kräftigen Ruckes bedarf, damit der ganze Staat zerfetzt
von seinen Schultern fälle.
Diese Stilwandlung wird sich am überzeugendsten nachweisen
lassen, wenn wir unmittelbar neben die Franziscusmadonna ein
zweites grosses Altarwerk der Dresdener Galerie, die mindestens
zehn Jahre später entstandene „Heilige Nacht" (Kn. Titel, Kl.
B. 434), eine Anbetung der Hirten stellen, welche alle Merkmale
seines entwickelten Stiles an sich trägt.
Als Ausgangspunkt der Betrachtung dieses Bildes diene die
berühmte, ihr Kind anbetende Gottesmutter in der Tritfbuna
der Uffizien. (Kn. 62.) Sie ist nichts anderes als eine Parallel-
schöpfung der rechten Hälfte der Nacht. Den Gegenstand beider
Darstellungen bildet eine junge Mutter, die voll innigster Zärtlich-
keit in den Anblick ihres Kindchens versunken ist. Zwischen
ruinenhaften Architekturmassen hindurch öffnet sich der Blick in
eine in ruhigen Linien verlaufende und in der Dämmerung liegende
Landschaft, deren Tiefe im Wesentlichen erzielt wird durch einen
scharf umrissenen Hügel, der rechts den Mittelgrund abschliesst.
Im Vordergrund öffnet sich ein im Halbdunkel liegender Raum,
der links durch eine mächtig vor die Wand tretende Halbsäule,
rechts durch pflanzenbewachsenes Gemäuer abgeschlossen wird.
Ganz vorn führen Steinstufen zu einer Art Plattform, auf der vor
dem Unterbau der Säule ein Holzstoss errichtet ist, auf oder neben
dem auf einem Strohlager das Kind ruht. Soweit decken sich die
beiden Gemälde in Florenz und Dresden in der Anordnung der
Umgebung. Mehr noch, in beiden sieht man auf der Plattform
neben der Säule die junge, schöne Frau knieend vor dem Kinde.
Das gescheitelte und die Schläfen in Wellen umrahmende Haar,
die Züge des freundlichen Gesichtes, der entblösste Nacken, die
und sich verneigenden Gestalten in der Diagonale wechseln lässt,
und so in das Ganze eine Art Drehung bringt, die, von der ge-
schraubten Madonna aufgenommen, oben wunderbar in den um
ihr Haupt kreisenden Engeln ausklingt, beachtet man ferner den
malerisch unsicheren und unplastischen Aufbau des Thrones,
so bekommt man den lebendigen Eindruck, wie dem jungen
Genie der ererbte Roclc eng wird, er die Arme reckt und es nur
eines kräftigen Ruckes bedarf, damit der ganze Staat zerfetzt
von seinen Schultern fälle.
Diese Stilwandlung wird sich am überzeugendsten nachweisen
lassen, wenn wir unmittelbar neben die Franziscusmadonna ein
zweites grosses Altarwerk der Dresdener Galerie, die mindestens
zehn Jahre später entstandene „Heilige Nacht" (Kn. Titel, Kl.
B. 434), eine Anbetung der Hirten stellen, welche alle Merkmale
seines entwickelten Stiles an sich trägt.
Als Ausgangspunkt der Betrachtung dieses Bildes diene die
berühmte, ihr Kind anbetende Gottesmutter in der Tritfbuna
der Uffizien. (Kn. 62.) Sie ist nichts anderes als eine Parallel-
schöpfung der rechten Hälfte der Nacht. Den Gegenstand beider
Darstellungen bildet eine junge Mutter, die voll innigster Zärtlich-
keit in den Anblick ihres Kindchens versunken ist. Zwischen
ruinenhaften Architekturmassen hindurch öffnet sich der Blick in
eine in ruhigen Linien verlaufende und in der Dämmerung liegende
Landschaft, deren Tiefe im Wesentlichen erzielt wird durch einen
scharf umrissenen Hügel, der rechts den Mittelgrund abschliesst.
Im Vordergrund öffnet sich ein im Halbdunkel liegender Raum,
der links durch eine mächtig vor die Wand tretende Halbsäule,
rechts durch pflanzenbewachsenes Gemäuer abgeschlossen wird.
Ganz vorn führen Steinstufen zu einer Art Plattform, auf der vor
dem Unterbau der Säule ein Holzstoss errichtet ist, auf oder neben
dem auf einem Strohlager das Kind ruht. Soweit decken sich die
beiden Gemälde in Florenz und Dresden in der Anordnung der
Umgebung. Mehr noch, in beiden sieht man auf der Plattform
neben der Säule die junge, schöne Frau knieend vor dem Kinde.
Das gescheitelte und die Schläfen in Wellen umrahmende Haar,
die Züge des freundlichen Gesichtes, der entblösste Nacken, die