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Einleitung

Die Entwicklung der Kunst in den ersten drei

Jahrhunderten n. Chr.

Zwei verschiedene Abteilungen der Kgl. Museen in Berlin haben in letzter Zeit für
ihre Sammlungen Stücke der frühchristlichen Kunst des Orientes erworben, die ersten
Ranges sind und wesentlich dazu beitragen dürften, dass die Anschauungen über die
Entwicklung der spätantiken und frühchristlichen Kunst einer erneuten Prüfung insbe-
sondere nach der Richtung hin unterzogen werden, ob Rom wirklich, sei es seit
Christi Geburt etwa, sei es erst seit dem 4. Jahrh. die herrschende Vormacht auf
allen Gebieten der Kunst war, von dort aus Stil und Typen oder auch nur die letzteren
allein nach allen Teilen des Reiches getragen wurden und wir daher ein Recht haben, in
dem einen Falle von einer römischen Reichskunst, in dem anderen von einer römischen
Kirchenkunst zu sprechen. Den ersteren Begriff hat Franz Wickhoff ausdrücklich,
den letzteren F. X. Kraus zwischen den Zeilen aufgestellt. Mit diesen entwicklungs-
geschichtlichen Schlüsseln wird wie mit erwiesenen oder selbstverständlichen That-
sachen ersten Ranges gerechnet, sie sind da und dort, besonders bei jüngeren Fach-
genossen, Glaubenssätze geworden und drohen die frei nach allen Quellen der Ent-
wicklung ausblickende Forschung für lange Zeit lahm zu legen. Es ist daher für
diejenigen, die diese Begriffe von vornherein misstrauisch aufnahmen oder verwarfen,
Pflicht, ihre, bei dem Stande der Denkmälerforschung im Orient für die spätantike
und frühchristliche Zeit schwer zu beschaffenden Zeugen, wenn auch vorerst bruch-
stückweise vorzuführen, sie ins richtige Licht zu stellen und zur Vorsicht zu mahnen.

Um den Boden für die Aufnahme der in den nachfolgenden Aufsätzen hervor-
tretenden Anschauungen vorzubereiten, dürfte es geboten erscheinen, in kurzen Worten
die Ansichten von Wickhoff und Kraus darzulegen und darauf hinzuweisen, dass
sich beide zunächst einmal gegenseitig ausschliessen. Da jedoch damit nur der Beweis
erbracht ist, dass entweder die eine oder die andere Ansicht falsch sein müsse, so
würde es weiter notwendig sein, jede von ihnen einzeln zu widerlegen bezw. zu zeigen,
dass an jeder Aufstellung die eine Hälfte zum Teil richtig, die andere falsch ist und
die Erkenntnis der Wahrheit angebahnt wird, wenn man die eine Hälfte der Ansicht
von Kraus mit der einen Hälfte derjenigen von Wickhoff verbindet. Freilich bleibt

Strzygowski, Orient oiler Rom. i
 
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