Metadaten

Sturm (Berlin)
Franz Marc, Gedächtnis-Ausstellung, Gemälde und Aquarelle/Holzschnitte: November 1916, sechsundvierzigste Ausstellung, Ständige Kunstausstellung, Berlin — Berlin: Der Sturm, [1916]

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.74149#0008
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
er das Licht gibt, alles Feuer würde sich selber verzehren,
ehe es den Menschen frisst, der allein und nur ihnen allen
Vater und Mutter, Geliebter und Geliebte ist.
Das Feuer verbrennt keinen Brennenden.
Die Erde ist das Tal der Klage, weil wir wissen, was
wir tun. Wir erfinden, was wir nicht suchen. Künstler
und Kinder finden, was sie suchen. Sie sehen, sie hören,
sie fühlen. Sie springen im Tal, sehen die Berge, hören die
Stimme und fühlen Gott. Vielleicht stolpern sie über die
Wurzeln, schlagen sie weil sie sie nicht sahen. Aber der
Vogel dort erhebt sie und sie sind Eins mit der Erde, weil
sie sich in der Welt fühlen. Die Klage wird Klang. Der
Jubel hallt wider. Ihr Jubel. Blinde stehen nicht auf.
Taube klagen.
Aber Du stehst auf, Franz Marc. Dir war die Erde hei-
misch, aber Dein Reich ist in der Welt.
Die Erde lebt aus Dir. Und ein Baum wächst auf, seine
Aeste greifen um die Erde, seine Blätter leuchten blau in
Aller Herzen, seine Blüten duften Klang in Aller Seelen, es
raunt aus ihm in Aller Denken, es singt aus ihm der Welten
Stimme, es klingt aus ihm der Welten Schweigen.
Täler blühen in seinem Schatten.
Ich liebe das Unvergängliche, durch das ich glühe.
Wie ich Dicli liebe, Franz Marc.
Wie Du mir entgegen glühst.
Wie ich Dir entgegenglühe.
Dir, Künstler Gottes.
HERWARTH WALDEN

Berlin am achten März 1916
 
Annotationen