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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 11.1920

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Zweites Heft
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Walden, Herwarth: "Die Unbedenklichen"
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Ring, Thomas: Gedichte
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Nebel, Otto: Einschweifungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37133#0026
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Luft ausging. Was dann verblieb, war ein
klägliches formloses Etwas. Jetzt, da der
Krieg diesem Kinderspiel ein Ende gesetzt
hat, scheints ein Kunstsport geworden zu
sein. Aber das Aufblasen wird doch wohl
ein bischen zu ungestüm bereits betrieben
und ich sehe schon, wie sie anfangen zu
platzen, die netten Gummischweinchen—"
Oha, schon platzt es. Ich sehe es. Sublim
ergriffen, gewissermassen.
Herwarth Waiden.
Gedichte
Thomas Ring
Du!
Hinschmiegen in der Nächte Seidentlausch
Flucht durch der Räume Sterngetöse
Schrei
wirbelnd der Weltwüste Graun entfetzt —
dein Wogen tasten taumle Strahlen
Meer deiner Fluten quirlt das All
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Schluchzt mein Blut in der Nächte Gelock
trunken von Dir
wiegt mein Träumen der Tage Getön
zart nach dir
Jubel spannt bebiger Brüste Prall
Brand durchsengt aller Nerven Gestöhn
Mein Suchen bangt in deine Strudel
mein Bangen stürzt in dein Getöse
mein Stürzen schellt zcrtaumelnd Leere
cntwirbelt Grausen Glutensturz —
Zerrauschen weint
der Schläfen Monde bleichen
w e h h a u c h e r b 1 ü h t
Raumen kreist Umwirbeln Hall
gehre Arme zagen Blüten
Zerhöhnen wächst
Ummüden schluchzt Urzeiten-Qual
zermodert Leichenbrünste gärer Schlund.
Wiegt Sehnen Klang
hochprallen Träume heiss erweht
Licht jubelt grellen Stoss —
schwärenrünstig reisst der Erde Haut
gier verzucken Wunden Kraterränder
Monde schlürfen glühentspritzten Eiter.
Leere gähnt
pralle Eisen Hirne zäh um pressen

Flackern züngelt geilem Würger Trotz
Fernen nachten
Ewigkeit erdämmert Schmerzes Raunen-
tief zersträhnen Messer bäumen Leib
Fühlen bluten stumm zerschämte Lippen


Einsdn weifungen
Was Schopenhauer von Servaes weiß
Was Schopenhauer von der Polygamie sagt,
das wissen Sie, Herr Journalist Servaes.
Was er gegen Journalisten sagt, das lassen
Sie sich nachgesagt sein! Ich werde es Ihnen
ganz kurz vorflüstern. Journalisten sind
unbegabte Persönlichkeiten, die zur Zeit
(sozusagen Ewigkeit) das Maul aufreissen.
Zur Unzeit reissen sie es auf. „Zurzeit"
reisst einer der ärgsten Schuster (Franz
heisst er) dort sein Maul auf (den Namen
des Genies erfrage man unter dem Strich
„Berliner Eokalanzeiger, 27. April 1920),
w o ei n G1 ä uh i ge r (K ü n s 11 er) s i n n i g zu s am m e n -
getragene Drahtstücke, Kleidertetzen, Watfe-
oderWergreste, Knöpfe, Eiscnteller, Strassen-
bahnfahrscheine, (ja selbst) Postvermerke,
(Kurt Schwitters merke Dir das Ja), (er
meint ja nicht den Postvermerk), auf Bretter
oder Pappe geklebt hat. Kleb ihm eine,
Kürt. Er, Franz Servaes, servitör Franz,
erscheint als Lumpensammler vor Merz-
bildern. Franz Müllers Drahtfrühling. (Franz
heisst die Kanaille Müller). Franz S. der
Exkremente, die man Tatsachen nennt, (wie
kann man soetwas auflesen), von der Strasse
aufkest, (Schopenhauer hat ihn dabei er-
wisch!), nennt seine Stumpf-Simpeieien,
(winters sind die Sachen spitz und hart)
Kunstkritiken. Man muss ihn gesehen haben,
diesen Franz, wie er, Schirm bei küss, die
Kunst an sich (an sich ist zweideutig) vor-
bcidchnieren lässt und ah winkt, wenn sie
ihm über den Kopf wächst. Im übrigen
lasst ihn, weil Gott ihn duldet. Armer
alter Mann kann einem Leid tun. Lcid's
nicht, Spitz.
Was Rosa vom Anführungszeichen weiss
Wenn eine Rosa heisst, soll sie bescheiden
sein. Wenn rote Erde Ocker wird, kann
Farbe sich begraben lassen. Rosa Schapirc,
lass Dich in Deiner roten Erde begraben.
Frieda, sei mit Dir. Rosinen streut Dir

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