Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste (11.1920)

Redensart. Herr Waiden macht Vergnügen,
aber nicht sich, sondern den Lesern des
Sturm. FürHerrn Waiden selbst isteseineun-
persönlicbe Sache, Sie zur Rede zu stellen.
Nicht um Sie handelt es sich, sondern um
Ihre jahrelange kunstgefährdende Tätigkeit.
Und „anrempeln"? Was soll der studen-
tische Ausdruck? Wollen Sie mit „an-
rempeln" sagen, dass Sie ein Komilitone des
Herrn Waiden sind, ein Mitkämpfer, einer,
der mit Waiden für die gleiche gute und
grosse Sache der Kunst voll Glauben und
Überzeugung kämpft? Sehen Sic nun ein,
Herr Westheim, dass man Sie nicht „an-
rempeln" kann? Weil Sie kein Komilitone
sind, kein Mitstreiter! (Was ich Ihnen noch
so genau beweisen werde, dass es sogar Herr
Leopold Survage in Paris glauben wird!)
Was wollen Sie also mit „anrempeln" sagen?
Es bleibt nur eine Möglichkeit: dass Wai-
den Sie ohne Grund und Veranlassung be-
lästigt, zum Spass oder aus Händelsucht,
nicht wahr? Aber Sie schreiben selbst,
dass Ihnen derGrund der Belästigung nicht un-
bekannt ist: „Zweck der Bemühung ist, nach-
zuweisen, dass ich früher einmal eine andere
Stellungzu einzelnen Künstlern eingenommen
hätte als heute." Dass ich zehn Hände und
zehn Schreibfedern hätte, mit Eins all das
verworrene Zeug abzutun, das Sie auf dieses
Ungeheuer von Satz folgen lassen. Zunächst
muss ich mich mit diesem Ungeheuer selbst
abgeben. „Eingenommen hätte?" Hätte?
Was heisst „hätte", Herr Westheim? Hoffen
Sie, mit diesem „hätte" die Tatsache aus der
Welt zu schaffen, dass Sie früher eine an-
dere Stellung eingenommen haben? Wie
können Sie das hotfen? Das weiss jeder
Maler und jeder Kritiker sogar in Deutsch-
land. Und „einmal", nur einmal sollen
Sie eine andere Stellung eingenommen
haben? Hundertmal haben Sie es getan,
Herr Westheim, hundertmal! Und gegen-
über „einzelnen" Künstlern? Herr West-
heim, wo bleibt Ihr Gedächtnis? Gegen-
über hundert Künstlern haben Sie früher
eine andere Stellung eingenommen, das
weiss jeder Maler und jeder Kritiker in
Deutschland. Aber vielleicht, Herr West-
heim, können Sie hier mit mir nicht mehr
Schritt halten. Und wirklich, ich habe
einige Sprünge gemacht. Ich soll Ihnen
erst beweisen, dass Sie Ihre Ansicht ge-
ändert haben. Oder geben Sie es vielleicht

selbst zu? Doch wohl: „Es hätte wohl
auch keinen Sinn, der betreffenden Stelle
(dem Sturm und Herwarth Waiden) klar-
zumachen, dass Künstler ja keine Maschi-
nen sind, die sich in ihren Produktionen
ein für alle Mal gleichbleiben." Alle Ach-
tung, Herr Westheim, vor dieser geistreichen
Bemerkung! Sie steht wahrlich auf der
Höhe Ihres gesamten Kunstverstandes. Nein,
es hätte keinen Sinn, uns klarzumachen,
dass Künstler keine Maschinen sind. Wir
haben wahrhaftig geglaubt, Künstler seien
Maschinen, nichts als Maschinen. Aber im
Ernst gesprochen, Herr Westheim, was be-
zwecken Sie mit solchen harmlosen Witzen?
Wen wollen Sie denn mit solchen Ab-
lenkungen von der Sache dumm machen?
Die Leser des Kunstblattes? Ja, um Gottes-
willen, lesen denn das Kunstblatt nur Blöd-
sinnige? Lesen denn das Kunstblatt nicht
sogar ganz aufgeklärte Schwachköpfe, denen
weiter nichts vorzuwerfen ist, als dass sie
alle die Sinnlosigkeiten glauben, die sie im
Kunstblatt finden. Sie scheinen Ihren Lesern
etwas bieten zu können, Herr Westheim.


Zuginsfeld
Otto Nebel
Fortsetzung
Herr Kompagniefeldwebel
Führt er die Kompagnie?
Hinten führt er sie immer an
Ist er immer hinten?
Aktiv ist er hinten
Es kann Vorkommen, dass er vorkommt
Kommt er vor, kann er umkommen
Es ist schon vorgekommen
Seitdem ist keiner mehr vorgekommen
Helden können auch hinten umkommen
HINTEN können eigene Bomben aus
Flugzeugen kommen
Sieh dich vor, Bogöhl
Sie hinter dich
Sieh Bombengeschwader
Folglich sind alle Kompagniefeldwebel
Helden
Alsa auch alle Batteriewachtmeister
Obwohl sie eiserne Kreuze tragen
Niemand würde es sonst glauben
Adjutanten führen diese Helden
Führen Adjutanten Kompagnien?

108