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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 19.1928-1929

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Heft 9
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Ring, Thomas: Gedicht: 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.47219#0135
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Gedicht / Thomas Ring

1914
Eintausend
Neunhundert
Zehn
und Vier.
Nach Christi Geburt.
Ha —
wessen Geburt?
Nun —
Kirchen krönen in seinem Namen jede Stadt
Glocken läuten in seinem Namen jeden Tag
Priester predigen seinen Namen.
Was predigen sie?
Liebet eure Feinde!
Gott schütze unser Vaterland
Segnet die euch fluchen
Gott wird mit uns streiten
Bittet für die, so euch verfolgen
Gott strafe England.
Wir machen das Geschäft.
Priester werden Feldprediger.
Das Feld ist die Etappe.
Sterben ist Geschäft.
Das Himmelreich ist unser.
Das Reich muh uns doch bleiben.
Massenweiser Andrang ins Nichts.
Blutandrang zur Erde.
Blutabgang.
Die Erde werde ihnen leicht.
Was da ist muß ran.
Wo nichts ist kennt der Kaiser keine Parteien
mehr.
Raus aus den Betten.
Gott mit uns
im Massengrab.

Eintausend
Neunhundert
Zehn
und Vier.
Neunzehnhunderivierzehn.
Fortgeschrittene Zeit.
Fortgeschritten ?
Fortgerast!
Eisenbahn Auto Flugzeug Tank Untersee
Vorwärts Masse
Vorwärts Mannschaft
Vorwärts Munition
Mord wartet nicht.
Der Tod beherrscht das Kursbuch.
Transport ist alles.
Zeitgewinn bedeutet Land.
Die Presse siegt.
Sieg im Westen —
Sieg im Osten —
Sieg in der Luft —
Sieg unter Wasser —
die Sieger ruhen im Boden.
Die Ausruher siegen bodenlos.
Ausruher lügen die Straße frei
Schreihälse stehn auf Tischen
sehn Land auf dem Boden der Tatsachen
Kopfzeile Fußnote Zeilengeld Fersengeld
Schlagwort.
Die Frontzeile zerreißt jede Sekunde
den Mann
kein Raum zum Atmen mehr
Denkuhren stocken
Dem Glücklichen schlägt keine Stunde
im Grab.

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