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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

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Die Wiesbadener Künstlerkolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0102

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87 s^—

beftimmen, fo ift biefe an ftcf) fcfjon fdjtnierige Aufgabe bei uns befonberS ft^toer;
beim eine djarafteriftifcbe, bem nrförfingUdjen, autocbtfjonen (Seifte ber 23eöötferung
entfpredjenbe geiftige *J3l)t)ftognomie gibt es fjier ttid^t, befonberö and) nid)t in
fiinftferifdjer §tnfid)t. ©er ©efdjmad .^erfpttttert fid) mit ber jevftreitettben 2Kannig-
fattiglett bes bargebotenen Stoffes. Sßie in einer ©vogftabt, fo l)ört unb fiebt
man bei uns Don allem etmaS. (5s märe nngeredjt unb boSljaft, jenes berühmte
©djitter'fdje Jenion auf baS feltfame Sanb, too bie fflüfte ©efcfjmacf" baben unb bie
Duellen, unb nur bei ben 53emof)nern feiner perfpürt mirb, auf SSieSbaben anp«
menben: an ©efdjmatf, an fünftterifdjem 33erftänbnis, aud) an probuftiuer ©f)ätig-
feit auf äffen ©ebieten ber Äunft feljlt es burcbaus nidjt, nur bilbet aüeS baö
fetne red)te (gintjeit unb 5ßerfönftdjfeit. SBiel mebr nod) föunte gefdjeljen, raeuu
bie mannigfaltigen Gsinjetfräfte jtelbettm§tev $ufammen arbeiteten, aber ba$u ftnb
bis ietjt nur Slnfänge öorljanben.

Untere Äotonte öon Äünftlern unb ©cfjriftftedem meift tarnen auf öon
gutem Stange; uiele bebeutenbe SDtänner ftnb in ben lebten Safjren öon ausmärts
mge^ogen, teils um in unferer Sßfjäafenftabt ein otium cum dignitate ju üer-
bringen, teils um nod) rüftig meitermarbeiten in SBerBinbung mit ben atteingefeffeneu
Staffen. (Sineu befonber? frifdjen Shtffdjmung fjabeu in ben leinen 3al)ren bie
bilbenben Äünfte genommen. Giue einzige, red)t bürftig untergebradjte $uuft-
fammlung mußte ftüfjer für bie Sebürfniffe uerf)ältnismäf3ig meuiger Weimer ge-
nügen. SBentg öon bem, nmS ba brausen erfämpft unb erftritteu hwrbe als
bilbnerifcher SfuSbrud nnferes ©eifteSlebenS, braug in biefe 9täume ein. 3ebt
baben mir außerbem nod) burd) bie 53emül)intgen bes üerbieuftoollen SunfifjänblerS
Sauger ©e(egeubeit,al(eS feuuen m lernen, worüber man rebet unbftreitet,unbaud) ber
alte Sunftöerein fdjreitet mader mit. SSor allem aber fjat fid) in ben legten SOSodjen
ber „SS er ein für bilb enb e Änuft" mfammengetljan, beffen rafdjeS (Smporblüfjn
ju ben fcfjönften Hoffnungen bered)tigt. Dllenborf, ber geiftreid)e Snnfitjiftoriler,
ber unermüblid) in ber 'treffe mie burd) erlänternbe Vorträge bie fünftferifdje Sr-
^ief)ung unfereS ^ublifumS fid) angelegen fein läßt, unb ^rofeffor $iuff er, ein
b,od)gebilbeter Äenner, ber raftloS jn 33. t£)ätig mar, bie §errlid)feiten SReifter 2l)omaS
ben öietfadj nod) foöffdjüttetnben SBieS bab enern öorpfüfjren, ftnb bie
Seiter bes Vereins. 2)ie Sünftler felbft öereintgt fd)on feit einigen Satiren „bie
Älaufe", in bereu burd) gemeinfame Seifteuer djarafteriftifd) auSgefdjmüdten Zäunten
ber cd)te berbfröl)lid)e $üuftler£)umor feine Stätte fiubet, unb jeber ©aft fid) f)etj-
lid) mol)l füb,lt. 2)a finben mir bann ben SaSpar Äögler, ben liebeusmürbigen
3eid)ner jierliiüer SJofofogeftalteu, einen l)od)gefd)ä^ten SUnftrator, an beffen
farbenfrohen, ^er^icf) f)umoriftifd)en Malereien im SßieSbabener 3iatSfeUer fd)ou
öiele beim füfjlen ©runf fid) ergötzten, bann SBeinb erger, einen unferer beften
©ier= unb 3agbmaler, ferner SanbidjaftSmalcr mie ©ftnttjer unb SB öl der,
jüngere, oielnerfpredjenbe ©alente, mie Sßatjelfjau. (Sine gemeinfame 3luSfte(£ung
ber Sßiesbabener Sünftlet bemies im porigen Safjre, mie oiel ©alent unb reblidjes
©treben in biefeu greifen ju finben ift.

Unter unferen SSieSbabener $oeten unb ©d)riftftellern ift moljl feiner mefjr
genannt als Sofepl) Sauff, ber §of)ensollenibramatifer, ber i'ieblingSbitfiter
Äaifer SöilbetmS, ber fo üiel ©pott unb §obn über fid) ergeben (äffen mußte, fo
baf3 mit einemmale eine b,od)rttb,mlid)e (itterarifdje Sergangenl)eit gan} ausgetilgt
fd)ien. Unb bod) fd)eint jet3t ein rufjigeres unb geteilteres Urteil al(mäl)lid) fid)
burcfjmfämpfen, fein präd)tigeS ©lüdjerbrama t;at aud) bei feinen ©egucru roarme
Stnerfennung gefnnben, unb fein neues (SpoS „®ie ©eitlerin" bemieS bie ge-
 
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