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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

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Merb, Karl: Stil oder Manier: Gedanken über deutsche bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0461

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nrirb ber ©toff, rote bie ®imft beleibigt. Stil ift bo§ fülle, ftarf'e
2lnfcE)aucti ber ©efet^e, bie au§ bei* Vorlage [elber fprecrjen. .Jpter
roirb ber ©toff in fein $ßrofrufte§bett gerenft, fonbern nur innerlich
burcf) leuchtet unb oergeifiigt. So treten beim Stilfünftier aud) bie
2tu§bra(f§mittel ohne Voreingenommenheit, tu ungezwungener 2ln-
paffung an jebert fpe^ietlen Stoff auf: fte finb fein Sdjema, ba§
heterogene ®inge unter einen |ntt bringt; fte maßen fid) nid)t
an, ^roecf p fein, mie beim Naturalismus: Qrotd ift unb bleibt
2)arfteUung einer $bee in £)öd)ft;inbioibueUer ^orm. Sold)e§
(Schaffen erbätt frifd) unb etaftifd), bei ihm ift Spietraum gelaffen
aud) für frembe, neu einftrömenbe $been. SÖBä^renb ftd) beim
3ftanieriften nad) unb nad) ba§ Singe fälfdjt, fobafj er bie SBelt nur
nod) uerjroicft betrachten unb nur ihm konformes, @(etd)e§ auf;
nebmen fann; unb biefe 3)ürftigfeit ber geiftigen Nahrung ent-
fräftet früh feine Seele; er roieberbolt fid) eroig, er roecfjfett nur
ben ftofftid)en Vorrourf feiner Silber, „er ftellt nur feine 3^ed)nif
bar". üEBert bat aber nur eine Äunft, bie auf £)öben bes (5til§
roanbelt, unb fei e3 ber Stil einer red)t befd)eibenen ^erfönlid)feit.
2lud) foldjer Stil fcf)afft neue SBerte, nid)t jebocf) bas: frampfhafte
^afd)en nad) unerhörten ©ffeften unb tecfjnifc^en Sraoourftücfdjen.

2Bo man bei einem s33i(b noch von ber £ed)nif gefeffelt
roirb — natürlich Stubienjroecfe ausgenommen —, ba ift ba§
Q3itb in biefem fünfte unooltfommen; man reifjt oon fertigen
Käufern bie @erüfte ab.

©urd) unfere jungen ©eifter gebt eine freubige ^Bewegung.
Sie bürften roieber nad) ©efunbbeit unb $raft, nicht nad) ber
„ladjenben Söroenfraft" ber ®efabenten; fte uerroedjfeln nicht mehr
bie frampfhafte ^Brunft blafterter ©rotit' mit Sebent; unb Siebend
fülle. Sie ftreben barnad), ihren Stufgaben geroad)fen ju fein, ftd)
roieber fyaxmioZ unb fetbftoerftänblid) einzufügen in ba§ Seben
ber Natur. ®ie feminiftifd)e Strömung ber $eit roirb ab-
gelöft oon einer männtid)eren Nid)tung. Unb ihre Vertreter in
ber bilbenben $unft roerben fräftig genug fein, aud) bem natura;
tiftifd)en ^3rin§ip feine Vorzüge abzugewinnen, ohne ber Spanier
•m erliegen. Sie roerben jutn Stil, bem uornehmften Sfterftnat
jeber männltdjen @pod)e ftd) erbeben.

^ünfing. $arl 9Jcerb.
 
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