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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

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Kunowski, Lothar: Die Aesthetik des Florentiner Straßenlebens
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https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0814
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nuffen, fobctfj man ben Slustaufd) tt)ver ©eb.anfen oon ©efunbe
§u ©efunbe ablefen fann, rate SThtjtf com auf unb nieber, über-
nnb untereiuanber ber sJloten. Unb man muf$ über folcrje 2)inge
nadjbenfen, raenn man begreifen raill, rate mehr als. taufenb
Seute jeber 3IIter§ftufe jeben ©onntag Slbenb auf einem ^latje
trau mäßigem Umfang gu ^unberten ft^en, 31t rjunberten fpagieren
gefeit, bemDrdjefter laufcf)en, fid) uerftctnblid) unterhalten, Leitungen
uerfaufen, Zigarren raud)en, of)ne bajg irgenb jemanb gerjinbert
raürbe, bat)in 51t gel)en, raot)in er raünfdjt, ofme baf) ein 9J?enfcf)en-
fnäuel §u einer SJZauer ober einem unburd)bringlid)en 53locf
5ufantmenbäcft,

£)er Florentiner beftt^t alfo bie gartefte ©mpfinbung für bas
äftf)ettfd)e ^ufammenrairfen uteler bei einem öffentlichen Vorgang-
^ßenn jemanb bie Sauben füttert, bie in großen ©djraärmen unb
bann einzeln ftd) oon ben ©eftmfen be§ ®oms auf bie ©bene be§
^f(after§ l)erabfd)raingen, fid) trippelnb brängen, auf |)anb unb
©cl)ulter be§ 2Bof)Itf)äter§ fliegen, fo ftel)t man niemanben raie in
£)eutfd)lanb mit rofjer Neugier fid) t)in§ubrängen unb ben rei^enben
Vorgang ftören, fonbern tangfam natjen bie, raeld)e aufmerffam
rourben, bleiben flehen, fommen netter, roarten ab, raie fid) bie
gruppieren, bie tfmen folgen, unb fo entfteben bann jene Stetten
uon Sftenfdjen, bie rair auf ben Silbern ber Florentiner 23otticelli
unb @t)irlanbajo bemerf'en, jene teilten ebler ^orträtfiguren, bie
oom SSorbergrunbe be§ 23ilbe§ fiel) nad) bem ^intergrunbe 51t per-
fpeftbifd) abftufen, einer neben unb hinter bem anbern, al§ wollten
fie bem $etrad)ter ben ©inbtief in ben Ijetltgftett Vorgang nierjt
nehmen, fonbern oielmehr feinen 53licf §u ihm tnrtgeteiten, raie £ra-
bauten ben 33lic£ be§ 5ßotfe§ §um Xijxon be§ |)errfct)er§. 2)iefe
Beobachtung ift fet)r wichtig, fie ertlärt un§ einen ber größten %oxt-
fdjritte ber Malerei, uämlid) ba§ ©erainnen ber Siefe be§ 23ilbes.

(So fah ich eine ©ruppe oon erftaunticfjer ©d)önl)eit fid) oor
meinen 2tugen bilben, al§ graei ©änger bei fytUtm ©d)eine ber
Laterne gur SJianbotine unb ©uitarre uor einem |)otel ihre ©timmen
erhoben. £>ie 93orftd)t ber 2lnnctherung be§ 2Mfe§ mar erftaunlich,
balb raaren bie perfpeftbifdjen ^Reihen gebitbet, inbem jet^t biefer,
bann jener einen ©djritt oortrat unb b ; EReitje, bie ftd) oon red)t§
ober linf'§ fdjräg über bie ©tra^e 50g, neuen 2tu§brucf burd) feine
Haltung ober ©ebärbe gab. Um bie ©änger t>erbid)tete fid) ber
©chraarm, fern uon ihnen raurbe er loderer, unb bi§ §tttn @nbe
 
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