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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 1.1901

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Buchner, Eberhard: Die Freiheit der Kunst: auch ein Mannheimer Theaterbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.12765#0872

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8\8

©epräge. Ituf $va& unb meifje 23inbe ift e§ babei nictjt abgefeiert, aber
auf tteberroinbung ber fürchterlichen 2llltäglicl)feit, bie fid) in euern ßongerk
fälen breit macfjt. §eute buftet eure „Sunft" na et) $3ierf)umpen unb feud)t-
frötjlidjen Sfctfcrjreben. Sföir mögen biefe Kunft nid)t nteljr. £>ätte 3elter
bei ©rünbung ber erften „Siebertafel" gemußt, toeldje 91ad)fommenfd)aft
it)r einft btüfjen würbe, er märe um feine Oiufje im ©rabe gefommen.

©maneipation nom $erein§roefen forbern mir unb ©maneipation
oon ber S3erein§litteratur. Sföarum na et) ben Gfjören oon ©djioartj, ßircfjt
unb ©turnt greifen? SStr haben ©ute§ genug, toarum juft ba§ ©cfjlectjtefte
toäfjlen? $d) tooltte eitel) fagen, it)r fjabt ben ©efcfjmacf be§ ^ublifum§
oerborben; aber if>r tjabt e§ toett fcfjlimmer gemacfjt, itjr fjabt tf)tn ben
©efctjtttact, ba§ Urteil genommen, ©benfo gebanfenlo§ wie if»r gabt,
ebenfo gebanfenlo§ nimmt ba§ Sßubltrum. ©3 mufste fid) fooiel gefallen
taffen, ba|3 e§ fein 9ied)t, frei 51t urteilen, oergafj.

©3 ift ein trauriges S3itb; grau in grau. $n Letten liegt bie
ßunft, in Stetten liegen bie, bie fie genießen fotten. ®a§ s^ublifum fjat
feine Sföünfctje mefjr, ba§ fd)neibet mir ftet§ in§ öerj. @§ mit! nid)t frei
fein; e§ tjat oerlernt Slnfprüctje ju ftelten. SöenigftenS 2tnfprüd)e f)öf)erer
ölrt. „Sie oerbamntte 5Bebürfni§lofigfeit!" fo ruft Saffatle. lieber ba§
„fid) f'riegen" ober „nictjt Wegen", „fid) fd)eiben" ober „nid)t fd)eiben„
gefjen feine geiftigen ^ntereffen nicfjt metrr t)inau3. Sie grojäe Söett mit
itjretn großen ©cfjmerj unb ifjren großen ©eligfeiten bleibt it)m oerfcfjloffen.
©ine grobfinnlicrje Slnteitnafjme, mef)r bringt e§ ber ßunft nicfjt entgegen.
Oft nicf)t einmal biefe.

33rieuv/ „Oiote Öiobe" nmrbe unlängft tjier gegeben. @et)t tt)r nun
bie $olge? 3lud) ber fd)affenbe ftünftler ein ©efangener! $d) will nictjt
oon urfäd)lid)em 3]erl)ältni§ reben, obfd)on tet) glaube, baß in btefeirt fjatt
mirt'lid) ba§ 3krf)ältni§ fo liegt, baß ber auSübenbe ^ünftler ba§ ^ubtifum
unb ba§ ^ublifum mteber ben Künftfcrjöpfer oerborben bat. 2)ie 2:bat-
fad)e bleibt bie gleiche, kanntet itjr SSrieuj, el)e itjm bie §anbfeffeln am
gelegt mürben? ®ann wifit itjr aud), baß" er ein ®id)ter mar, ber un§
etwa§ 51t fagen tjatte, einer oon ben fjarten, f)erben, ber au3 ben ®üfter-
feiten be§ Sebent manche feine 3Bei§t)eit ju giefjen raupte. 2lt§ er faf),
baß ba§ ^ublifum bafür wenig ©inn l)atte, änberte er feine Saftif. 9lun
fd)reibt er „rote Oioben". ©tänbtg fcfjielt er nad) bem ^arquet. 9Bie ein
©dnger, ber feiner Dvolte mcfjt fidjer ift unb beim ßapetlmeifter £>itfe fud)t.
@r entrüftet fiel) auf $8efe£)l, er weint auf 58efef)I. ^rof"obii§t£)ränett finb
größer al§ bie Reißen tropfen, bie mir in erfter Oiütjrung ju oergie^en
pflegen: baran erfennt man fie. ®urd)fd)aut ibjx nun 53rieur? 53erftef)t
if)r nun feine groben Slccente, feine ©d)läd)termeiftersaJianieren?

3lud) b'ainnuuäio'S „©ioconba" faben mir l)ier in ben legten
2öod)en, im „StRobernen 3:t)eater". ©ef)t, ba§ ift bie ^tluftration beffen,
wa§ id) foeben au§füf)rte. S)er ßünftler ift ber gebunbene 9)cenfd); er
xoiti nid)t, er mufs. SBoburd) er gebunben ift, ob burd) ben SBillen bejm.
ben .Qnftinft ber SJiaffe, ober, roie Sucio, sard) bie Siebe 51t einer ©io-
conba, ba§ ift t)ier oon fefunbärer SSebeutung. ®ie §auptfad)e ift, mir
tjaben bie Uebergeugung non ber bebingungälofen ga'etfjeit be§ Mnftler§
 
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