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Epoche des Hellenismus.

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auch die erhaltenen Exemplare späteren Datums sind. So das Berliner mit Knöcheln spie-
lende Mädchen, oder die zwei raufenden Knaben des British Museum. Ein ferneres Werk
des Boethos war ein nacktes hockendes Knäbchen, welches zu Füssen eines Aphroditebildes
im Heräon zu Olympia aufgestellt war. An der Erde kauernde Knäbchen und Mädchen (schon
in dem Relief S. 191 war das gleiche Schema beabsichtigt) sind in Marmor zahlreich erhalten,
meist Votivbilder, dergleichen der Eileithyia und anderen Göttinnen der Frauen- und Kinder-
welt geweiht wurden. Man bemerkt hier wiederum, wie alte Typen von Geschlecht zu Ge-

schlecht überliefert werden, jede Künstlergene-
ration nach ihrem Sinn sie umgestaltet und so
die Typen im Flusse erhält, sie vor dem Schick-
sal bewahrt, zu erstarren und dem lebendigen
Volksbewusstsein entfremdet zu werden. Ein
anderes Beispiel bietet der Dornauszieher,
welcher uns als Schöpfung der Vorblüthe be-
gegnete; auch er ward in der hellenistischen
Zeit neu stilisirt, jetzt ist er ein derber Junge,
wie er irgend von der Dorfgasse oder Hute ge-
griffenwerden mag. So ist er in dem köstlichen
Marmor aufgefasst, welcher aus der Sammlung
Castellani in den Besitz des British Museum
überging.1)
In der Gesammterscheinung der helleni-
stischen Kunst treten die zahlreichen Kinder-
gestalten als reizend belebendes Element ange-
nehm entgegen. Eine besondere Classe dersel-
ben verlangt gesonderte Betrachtung, die Ero-
ten, jetzt im zarteren Knabenalter dargestellt,
ein loses Völkchen, das überall sein Wesen
treibt. Selbstredend umflattern sie geschäftig
alle Liebespaare. Da schwärmen ganze Behaa-
ren der leicht beschwingten Amoretten. Aber
auch einzeln treten sie hervor in ähnlicher Be-
thätigung. Wenn das Gemälde der Hochzeit Ale-
xanders derlei Eroten eifrig bemüht zeigte, an
Braut und Bräutigam ihres Amtes zu warten,
so fehlt auch bei dem in Liebesnoth versunken
sitzenden Kriegsgotte nicht der Kobold; schalk-


Fig. 269. Ares aus der Villa Ludovisi. Rom.
Nach Photographie.

haft lächelnd schaut er aus seinem Versteck zu dem Gotte auf (Fig. 269). Dessen Figur und Züge
sind lysippisch. Andererseits sehen wir die Liebesgöttin im Bade kauernd, von Eroten spielend
bedient. Und wie in eben jenem Gemälde des Aetion eine Bande Amoretten mit den Waffen
des Helden possirlich eifriges Spiel treibt, so zeigt uns ein Bildhauer den knabenhaften Eros

l) Archäol. Zeitung 1879.

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