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Teupser, Werner [Hrsg.]; Leipziger Kunstverein [Mitarb.]; Gemäldegalerie (Leipzig) [Mitarb.]
Kunst und ihre Sammlung in Leipzig: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Leipziger Kunstvereins und Museums der bildenden Künste — Leipzig: Verlag von Breitkopf & Härtel, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.71455#0087
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Wie dieses Stammbuch birgt manche Perle der Handschriftensammlung
in der Stadtbibliothek Miniaturmalereien von hohem künstlerischen Wert,
die jeden Beschauer in ihren Bann ziehen. Hier sei nur an die Bilder und
Zierseiten in dem Reichenauer Evangelistar" aus dem 10. Jahrhundert mit
dem Bruchstück eines vermutlich sächsischen Sakramentars" aus nur wenig
früherer Zeit, beste Leistungen deutscher frühromanischer Buchmalerei, erinnert,
oder an die altniederländischen Miniaturen des „Brügger Meisters des Dresd-
ner Gebetbuches" in der altfranzösischen Foliohandschrift des Valerius Ivluxi-
mus" aus der besten burgundischen Zeit im letzten Drittel des 1Z. Jahrhun-
derts. Um diese Kostbarkeiten in Buchform, die eigentlichen Bibliotheksschätze
im heutigen Sinn, von denen hier nicht weiter berichtet werden kann, vor der
Öffentlichkeit ausbreiten und wirkungsvoll festlich vorführen zu können, wurde
im Jahre 1926 ein würdiger, stimmungsvoller Ausstellungssaal (siehe Ab-
bildung) geschaffen. Alter überkommener Kunstbesitz aus der Museumszeit der
Bibliothek schmückt ihn" ebenso wie die übrigen Bibliotheksräume. Aus der
früher gesammelten und einzeln bestaunten Merkwürdigkeit ist jetzt schmücken-
des Beiwerk, ein Teilstück des stilvoll gestalteten und historisch gewachsenen
Gehäuses geworden, das die Arbeitsstätte der Stadtbibliothek verschönt, ent-
sprechend ihrer kulturellen Bedeutung und der Eigenart ihrer jahrhunderte-
alten Entwicklung. Auch gehört heute mehr denn je künstlerischer Schmuck
organisch zu einer Bibliothek, da wir die engen Beziehungen zwischen der
äußeren Gestalt des Buches und der bildenden Kunst, die zu allen Zeiten be-
stehen, sehr deutlich sehen gelernt Haben.
Die Museumszeit der Bibliothek, wo selbst die Bücher meist nur von außen
als Sehenswürdigkeit sehr oberflächlich genossen wurden, liegt weit hinter ihr.
Ausstellungsraum, Bücherausleihe und Lesesaal der Stadtbibliothek wollen
in der Gegenwart derselben Aufgabe dienen — allerdings mit verschiedenen
Mitteln — alten und neuen Bibliotheksbesitz der Allgemeinheit planmäßig
zugänglich zu machen zur Vertiefung des Wissens und als geistiges Rüstzeug
in lebendige Beziehung zu bringen zu der gewaltigen Aufbauarbeit unseres
V gl. Adolf Schmidt: Das Reichenauer Evangelistar, Handschrift 190 der Leipziger
Stadtbibliothek (Die Bibliothek und ihre Kleinodien a. a. O. S.22 ff.).
" Vgl. Albert Voeckler: Abendländische Miniaturen bis zum Ausgang der romanischen
Zeit, Berlin und Leipzig 19Z0, S. Z1 ff.
" Vgl. Friedrich Winkler: Der Leipziger Valerius maximus, Leipzig 1921.
" Als Schmuck des Ausstellungsraumes dienen die plastischen Werke von Permoser
und Dusquesnoy aus der Sammlung Wackerbarth.

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