geschah mit dem Koloss? Wie brachte man ihn zum Tanzen?
Dieser Koloss da war dunkel. Er blieb es, auch als die ge-
panzerte Tür ganz offen stand. Er widersefjte sich schweigend
dem Geschmack und der Natur und der Stil-Analyse und dem
Motiv und den anderen Kategorien der Wunder-Amateure,
liess sich nicht schmecken, nicht teilen, nicht in Kleingeld um-
seien. Man kam nicht über die äussersten Ränder hinaus.
Immerhin wurden alle möglichen Versuche gemacht. Man
schleppte den Koloss nach Berlin auf den Kurfürstendamm.
Herren im Smoking, dekolettierte Damen sahen ihn sich an.
Höchst merkwürdig! Vielleicht — man kann nie wissen —
wirklich Gold. Was fangen wir damit an? Man schleppte den
Koloss nach Wien. Die sezessionistischen Wiener schwärmten
die Undurchdringlichkeit an und säuselten Mystik. Man schleppte
ihn sogar nach Paris in den Herbst-Salon und gab ihm einen
schönen Saal nach dem Garten, wo es kühl war. De l’or! sagte
Rodin mit Salbung. Es sei sozusagen kristallisiertes Seelen-
Gold. Auch Puvis hielt es für ein seltnes Vorkommen, und
Maurice Denis notierte den Eindruck. Aber auch hier keine
Verwendung für den Koloss. Er gehöre ins Museum. Man war
auf dem besten Wege, vom Museum loszukommen und zum
Neger zu werden. Vor den gepolsterten Sesseln vollzogen sich
die Anfänge des Kubismus. Schliesslich schleppte man ihn nach
München. Da steht er irgendwo in einem Gewächshaus. Wenn
er sich wenigstens für eine nationale Form verarbeiten liesse!
Herzhafte Stärkung des Vaterländischen könnte nicht schaden.
Die Gepolsterten gähnen. Für die Preise könnte man auf ein
wenig Entgegenkommen rechnen. Sie sehen kaum noch hin.
Täten sie es, würden sie auch nichts bemerken. Längst tat
sich das gepanzerte Tor wieder zu.
J. Meier-Graefe.
Dieser Koloss da war dunkel. Er blieb es, auch als die ge-
panzerte Tür ganz offen stand. Er widersefjte sich schweigend
dem Geschmack und der Natur und der Stil-Analyse und dem
Motiv und den anderen Kategorien der Wunder-Amateure,
liess sich nicht schmecken, nicht teilen, nicht in Kleingeld um-
seien. Man kam nicht über die äussersten Ränder hinaus.
Immerhin wurden alle möglichen Versuche gemacht. Man
schleppte den Koloss nach Berlin auf den Kurfürstendamm.
Herren im Smoking, dekolettierte Damen sahen ihn sich an.
Höchst merkwürdig! Vielleicht — man kann nie wissen —
wirklich Gold. Was fangen wir damit an? Man schleppte den
Koloss nach Wien. Die sezessionistischen Wiener schwärmten
die Undurchdringlichkeit an und säuselten Mystik. Man schleppte
ihn sogar nach Paris in den Herbst-Salon und gab ihm einen
schönen Saal nach dem Garten, wo es kühl war. De l’or! sagte
Rodin mit Salbung. Es sei sozusagen kristallisiertes Seelen-
Gold. Auch Puvis hielt es für ein seltnes Vorkommen, und
Maurice Denis notierte den Eindruck. Aber auch hier keine
Verwendung für den Koloss. Er gehöre ins Museum. Man war
auf dem besten Wege, vom Museum loszukommen und zum
Neger zu werden. Vor den gepolsterten Sesseln vollzogen sich
die Anfänge des Kubismus. Schliesslich schleppte man ihn nach
München. Da steht er irgendwo in einem Gewächshaus. Wenn
er sich wenigstens für eine nationale Form verarbeiten liesse!
Herzhafte Stärkung des Vaterländischen könnte nicht schaden.
Die Gepolsterten gähnen. Für die Preise könnte man auf ein
wenig Entgegenkommen rechnen. Sie sehen kaum noch hin.
Täten sie es, würden sie auch nichts bemerken. Längst tat
sich das gepanzerte Tor wieder zu.
J. Meier-Graefe.