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Thausing, Moritz
Dürer: Geschichte seines Lebens und seiner Kunst : mit Illustrationen und Titelkupfer (2. Band) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.71652#0186
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Wandgemälde im Rathhaussaale.

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Zeichnung des Jahres 1518 unterscheidet sich das Wand-
gemälde wie der Holzschnitt vornehmlich dadurch, dass der
Kaiser allein, ohne seine Familie auf dem Wagen sitzt.
Es ging wohl nicht an, den nunmehr regierenden Kaiser
Karl V. noch in untergeordneter Stellung als Prinzen neben
dem Kaiser abzubilden; auch fiel ja die Rücksicht auf jenes
Programm, das Maximilian sür seinen ganzen Triumphzug
aufgestellt hatte, nach seinem Tode und nach der Unter-
brechung der betreffenden Arbeiten hinweg. Ohne Zweifel
hat blos Dürers Zeichnung für den Holzschnitt, wo nicht
bereits dieser selbst bei der Ausführung der Wandmalereien
als Vorlage gedient.
Es sind dies die einzigen bekannten Wandgemälde, an
deren Herstellung Dürer wenigstens durch Lieferung der
Entwürfe Antheil hat. Es mochte ihm zu hoher Befriedigung
gereichen, dass er seinem kaiserlichen Gönner an so bedeut-
samer Stelle in der Vaterstadt ein Denkmal setzen konnte.
Dass er aber jemals für Maximilian selbst etwas auf die
Wand gemalt oder gezeichnet hätte, ist durch nichts be-
glaubigt, als durch eine Anekdote, die den Stempel der
Erfindung an der Stirne trägt. Carel van Mander ^ berichtet
nämlich, der Kaiser Maximilian habe Dürer einmal etwas an
die Wand zeichnen lassen. Da dieser nun nicht hoch genug
hinaufreichen konnte, befahl der Kaiser einem der gegen-
wärtigen Edelleute, sich niederzulegen, damit der Meister auf
ihm slehen und so die Zeichnung vollenden könne. Als
darauf der Edelmann sich dessen weigerte, da es doch eine
Herabwürdigung für ihn wäre, von einem Maler mit Füssen
getreten zu werden, soll der Kaiser gesagt haben, Albrecht
wäre wohl edler als ein Edelmann wegen seiner ausge-
zeichneten Kunst, und er, der Kaiser, könne zwar aus jedem
Bauer einen Edelmann machen, aus keinem Edelmann aber
einen solchen Künstler. Sodann habe der Kaiser Dürern
zugleich für alle seine künftigen Kunstgenossen das Maler-

1) Het Schilderboeck 2. Ausg. Amsterdam 1618, fol. 131b.
 
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