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Thausing, Moritz
Dürer: Geschichte seines Lebens und seiner Kunst : mit Illustrationen und Titelkupfer (2. Band) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.71652#0251
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Ritter, Tod und Teufel.

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mächte verlieren von ihrem alten Credit — und wir dürfen
von hier bereits einen Ausblick wagen, nach jener Stelle
im Prologe zum Faust, wo der Herr die Versuchung des
Bösen zulässt mit den Worten:

»Nun gut, er sei dir überlassen!
Zieh' diesen Geist von seinem Urquell ab,
Und führ' ihn, kannst du ihn erfassen,
Auf deinem Wege mit herab,
Und sleh' beschämt, wenn du bekennen musst:
Ein guter Mensch in seinem dunkeln Drange
Ist sich des rechten Weges wohl bewusst«.

Ueber den tieferen moralischen Sinn; über die all-
gemeine zeitgeschichtliche Bedeutung von »Ritter, Tod und
Teufel« dürfte indess ein Zweifel kaum obwalten. Auch
nach den nächsten künstlerischen Absichten Dürers fragen
wir nicht umsonst. Darüber geben uns die Vorarbeiten zu
dem Kupferstiche genauen Aufschluss. Er wollte eben vor
allem ein möglichst gelungenes Reiterbild ausführen, und
daher nannte er auch nachmals das Blatt für sich selbst in
seinem Niederländischen Tagebuch kurzweg »den Reiter«.
Er nahm dazu die Rüstung und Figur des nürnberger
Reisigen, den er schon vor fünfzehn Jahren gezeichnet hatte.
Konnte er dessen Mähre nicht brauchen, so hatte er dafür
das Geheimniss der Pferdeproportionen im Sinne Verrocchios
und Lionardos in Italien ein^eheimst und darnach mit der
Feder damals schon das Reiterbild construiert; sogar der
Hund läuft bereits mit, nur ist es noch nicht der zottige
deutsche Hühnerhund des Stiches, sondern eine glatthaarige
Dogge Doch zeigt das Pferd des Kupferstiches in seinen
Verhältnissen, in der geraden Nase und selbst in den Haut-
falten am Hälse und am Oberschenkel deutlich die Ver-
wandtschaft mit jenem auf dem Standbilde des Balthasar
Colleoni vor SS. Giovanni e Paolo in Venedig. Nur eine
wesentliche Verbesserung hat Dürer angebracht. Seine
früher gezeichneten Pferde, wie die plastischen der italienischen
Frührenaissance, setzen beim Aussehreiten beide Hinterfüsse
 
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