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Zeichnungen
statuarischen Gebildes, habe ich mir sagen müssen: ist es
nicht doch der Meister, der, freilich in einer ungewohnten
Sprache, zu uns spricht? Ich sehe alle Bedenken deutlich
(u. a. die schlanken Verhältnisse des Kindes, die Form der
Extremitäten) und kann trotzdem nicht umhin, in Konzeption,
Komposition und Ausdruck seinen Geist zu gewahren. Und
ich frage mich, ob nicht dieselbe Hand, welche die Feder-
studie zu Haman in London (s. u. N. 297) in leicht vibrirenden
Zügen hingeworfen hat, sehr wohl auch diese Madonna ge-
zeichnet haben kann.
65. XVI, 73. Studie für eine Figur des Kartons von
Pisa. Ein vom Rücken gesehener, nach hinten eilender nackter
Jüngling, den rechten Arm hoch erhoben. (Der linke Arm
und das linke Bein nicht ausgeführt.) — Federzeichnung von
so sorgfältiger, modellirender Ausführungin feinen, den Formen
folgenden Strichen, dass man gleichsam den Eindruck einer
vollendet ziselirten Bronze erhält. — Vgl. Bd. III, S. 189, wo Abb.
Krit. Unt. I, 102. — Ber. 1418. v. Beckerath: Rep. f. Kw. XXVIII,
113. Frey 26. Alin. 1011. — Zwei ähnliche Figuren befinden
sich auf der frühen Skizze zum Karton in den Uffizien (s. u.
N. 208). Die eine ist ganz verwandt in der Bewegung der
Beine, die andere erhebt ähnlich den rechten Arm. Doch ist
bei beiden der Oberkörper und der Kopf viel mehr nach
hinten gebeugt, wie es dem starken Laufen entspricht. Beren-
son bemerkte die Beziehung, obgleich er jene Skizze nicht
M. giebt. Sie berechtigt uns wohl anzunehmen, dass unsere
herrliche Studie doch für den Karton bestimmt war, was Frey
nicht zugiebt. Er sagt, wir begegneten ähnlichen Stellungen
auch auf der Madonna Doni, in der Sixtina und den Marmor-
arbeiten jener Jahre. Ich gestehe, keine Figur dort zu finden,
die dieses auffallende Bewegungsmotiv zeigte, während es eben
auf jener Skizze erscheint. Und die Zeichnung ist so peinlich
ausgeführt, dass wir sie schwerlich als eine „neutrale, allge-
meine", sondern als eine für die Ausführung in einem Ge-
mälde bestimmte betrachten müssen.
66. XVII, 75. Skizzenzu denIgnudider Sixtina. Ein Ge-
sims. — Schwarze Kreide, z. Th. mit der Feder übergangen.
— Vgl. Bd. III, S. 39i ff. Krit. Unt. I, 259, 260, 262. — Gotti II,
193. St. S. 595. A. I (zweifelhaft). Frey 116. — Auf diesem
sicher ächten Blatte sind neun sehr interessante Skizzen für die
Jünglinge aus der ersten Zeit der Beschäftigung Ms. mit der
Decke gegeben. Steinmann irrt sich, wenn er in ihnen Vari-
anten nach den Atlanten (er nennt den links über der Cumaea
Zeichnungen
statuarischen Gebildes, habe ich mir sagen müssen: ist es
nicht doch der Meister, der, freilich in einer ungewohnten
Sprache, zu uns spricht? Ich sehe alle Bedenken deutlich
(u. a. die schlanken Verhältnisse des Kindes, die Form der
Extremitäten) und kann trotzdem nicht umhin, in Konzeption,
Komposition und Ausdruck seinen Geist zu gewahren. Und
ich frage mich, ob nicht dieselbe Hand, welche die Feder-
studie zu Haman in London (s. u. N. 297) in leicht vibrirenden
Zügen hingeworfen hat, sehr wohl auch diese Madonna ge-
zeichnet haben kann.
65. XVI, 73. Studie für eine Figur des Kartons von
Pisa. Ein vom Rücken gesehener, nach hinten eilender nackter
Jüngling, den rechten Arm hoch erhoben. (Der linke Arm
und das linke Bein nicht ausgeführt.) — Federzeichnung von
so sorgfältiger, modellirender Ausführungin feinen, den Formen
folgenden Strichen, dass man gleichsam den Eindruck einer
vollendet ziselirten Bronze erhält. — Vgl. Bd. III, S. 189, wo Abb.
Krit. Unt. I, 102. — Ber. 1418. v. Beckerath: Rep. f. Kw. XXVIII,
113. Frey 26. Alin. 1011. — Zwei ähnliche Figuren befinden
sich auf der frühen Skizze zum Karton in den Uffizien (s. u.
N. 208). Die eine ist ganz verwandt in der Bewegung der
Beine, die andere erhebt ähnlich den rechten Arm. Doch ist
bei beiden der Oberkörper und der Kopf viel mehr nach
hinten gebeugt, wie es dem starken Laufen entspricht. Beren-
son bemerkte die Beziehung, obgleich er jene Skizze nicht
M. giebt. Sie berechtigt uns wohl anzunehmen, dass unsere
herrliche Studie doch für den Karton bestimmt war, was Frey
nicht zugiebt. Er sagt, wir begegneten ähnlichen Stellungen
auch auf der Madonna Doni, in der Sixtina und den Marmor-
arbeiten jener Jahre. Ich gestehe, keine Figur dort zu finden,
die dieses auffallende Bewegungsmotiv zeigte, während es eben
auf jener Skizze erscheint. Und die Zeichnung ist so peinlich
ausgeführt, dass wir sie schwerlich als eine „neutrale, allge-
meine", sondern als eine für die Ausführung in einem Ge-
mälde bestimmte betrachten müssen.
66. XVII, 75. Skizzenzu denIgnudider Sixtina. Ein Ge-
sims. — Schwarze Kreide, z. Th. mit der Feder übergangen.
— Vgl. Bd. III, S. 39i ff. Krit. Unt. I, 259, 260, 262. — Gotti II,
193. St. S. 595. A. I (zweifelhaft). Frey 116. — Auf diesem
sicher ächten Blatte sind neun sehr interessante Skizzen für die
Jünglinge aus der ersten Zeit der Beschäftigung Ms. mit der
Decke gegeben. Steinmann irrt sich, wenn er in ihnen Vari-
anten nach den Atlanten (er nennt den links über der Cumaea