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DER STADTKIRCHENALTAR

IN WITTENBERG

A C H der mündlichen Überlieferung9 wurde der Altar amTage der Schlacht
bei Mühlberg, am 24. April 1547, in: Gottesdienst der Gemeinde über-
geben. Seit diesemTage schmückt er den Altar der Predigtkirche Luthers
und ist für die Gemeinde ein solch unentbehrlicher Bestandteil des Gottes-
dienstes geworden, daß sie im letzten Kriege, als die Gemälde außerhalb
sichergestellt waren, eine originalgroße Kopie anfertigen und aufstellen
ließ — dem gottesdienstlichen Raum hätte das alle Blicke vereinende Ziel, aber auch die Bild-
pracht des Altars gefehlt. — Die ursprüngliche Form des Flügelaltars war Anfang des 19. Jahr-
hunderts einem häßlichen Steinaufbau gewichen, bei dem man es tatsächlich fertiggebracht
hatte, die vier rückwärtigen Gemälde einzumauern, so daß sie erst 1883 neu entdeckt werden
mußten. Bei der Restaurierung der Kirche 1928 verschwand diese Verschandelung endgültig,
so daß heute die alte Schreinform, wenn auch mit unbeweglichen Flügeln, wieder die Gemälde
selbst zur vollen Wirkung bringt. Die Tafeln sind doppelt gemalt, so daß der dreigeteilten
Vorderseite mit Predella eine ebensolche Rückansicht entspricht.

Der Bildgedanke der Vorderseite

Ein Altar in diesen Ausmaßen (8 Tafeln, Mittelbild 242 x 255,5 cm> die Flügel 108 x 255 cm,
die Predella 93 x 233 cm) ist nicht in wenigen Wochen und Monaten gemalt und aufgestellt.
Ein solches ausgesprochen reformatorisches Bildprogramm für die Hauptkirche Wittenbergs
kann Cranach nur in enger Beratung mit seinem Freund und Gevatter Luther geschaffen
haben, der dann allerdings die Aufstellung nicht mehr erlebte.

Bestand im ersten Jahrzehnt der Reformation noch immer die Hoffnung auf Reform der Ge-
samtkirche, trotz Kirchenbann und Reichsacht gegen Luther schon in den Jahren 1520 und
1521, so ergab sich seit Mitte der zwanziger Jahre mehr und mehr die Notwendigkeit zum

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