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Tietze, Hans
Die französische Malerei der Gegenwart — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 88: Leipzig: Seemann, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.67610#0007
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Die Stellung der französischen Kunst, die im
neunzehnten Jahrhundert für die ganze euro-
päische Entwicklung mehr und mehr maßgebend
geworden war, besaß den auf saugenden und aus-
strömenden Charakter hauptstädtischer Überlegen-
heit; Paris war — wie Jahrhunderte vorher Rom —
der internationale Treffpunkt aller gültigen Ideen,
der maßgebende Umschlagplatz der künstlerischen
Strömungen, der fremde Begabungen von überall-
her an sich zog und durch ihre neue Verknüpfung
und Beziehung befeuerte und erhöhte; hier wurde
für mehrere Generationen der jeweilige europäische
Stil der Malerei geprägt. Diese besondere Stellung
verdankte die französische Malerei nicht so sehr ihrer
qualitativen Überlegenheit — denn die absolute
Qualität bleibt sowohl in ihrer individuellen als in
ihrer nationalen Ausprägung eine unvergleichbare
Erscheinung — als vielmehr der Tradition, die jede
einzelne künstlerische Tatsache als ein Glied in
eine nach vorn und hinten wirkende Kette stellt
und dem Einzelwerk so eine Wirkung sichert, die
notwendigerweise derjenigen eines anderen Werkes
überlegen sein muß, das auf unbereitetem Boden
entsteht und steht und nur aus seiner eigensten
und innersten Kraft herausschöpfen muß, was es
anderen mitzuteilen vermag. Der französischen
Malerei des neunzehnten Jahrhunderts dient nicht
nur das soziale Moment, das allem romanischen
Wesen eignet, die lehrbaren und rationalen Ele-
mente, als wertsteigender Faktor, sondern es ist in ihr

B.D.K.88

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