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Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier [Hrsg.]
Trierer Jahresberichte: Vereinsgabe d. Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier — NF 12.1919/​1920(1923)

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Krencker, Daniel M.: Die äußere Gestalt der villa rustica in Bollendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.45058#0062
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38

D. KRENCKER

Die äußere Gestalt der Villa rustica in Bollendort
Von D. Krencker.

(Mit 3 Abbildungen.)

Die Überlegungen gelten für die letzte Gestalt nach Einbau des Bades, also des
Gebäudes des 4. Jalirh. Es werden nicht so sehr die wenigen afrikanischen und
italischen malerisch behandelten Vorbilder bestimmend sein, als der Grundriß. Das
Haus muß von innen heraus verstanden werden. Das stärkste Dokument bleibt immer
noch der erhaltene Grundriß. Die Fassade läßt sich nicht trennen von der Vorstel-
lung des Kerns des Hauses, und die Kernfrage ist die, ob der große mittlere Raum
ein offener, vielleicht auch atriumartiger Innenhof war. oder ob eine gedeckte Halle,
eine zentrale Wohn- und Wirtschaftsdiele die Seele des Hauses bildete.
Die Ausführungen von Oelmann und Mylius1) haben wohl zwingend den Nach-
weis erbracht, daß bei der villa rustica zu Stahl, die einen der Villa zu Bollendorf
ähnlichen Grundriß hat, eine überdeckte große Mittelhalle anzunehmen ist. Damit
scheint mir auch für die Bollendorfer Villa der Spruch gefällt zu sein. Es war ein
„Hallenhaus“.

Abb. 25.


Ein Blick auf den Grund-
riß genügt, um die Zerrissen-
heit und Unwohnlichkeit der
Anlage für ein nordisches
Klima zu erkennen, wenn
der große Raum H ein Hof
sein sollte. Auch Steiner
vermißt dann das „Wohnliche,
Geschlossene“. Denn es kom-
men für Wohnzwecke nur in
Betracht: in der nördlichen
Hofecke das heizbare Zimmer
13 und das Zimmer 15, beide
nahe dem Herd, und völlig

getrennt davor die Eckräume 1 u. 4 ohne organische Verbindung mit dem Innern des Hauses.
Die Lage der Türen ist bei den Eckzimmern nicht nachgewiesen, sie können nach dem
Hof oder nach dem langen | |förmigen Raum 2 gelegen haben. War dieser als
offene Säulenhalle ausgebildet (Abb 272), dann liegt Eckraum 1 völlig isoliert, sei es vor
der Haustür oder in einer entlegenen Hofecke, Eckraum 4 war vielleicht noch vom Innern
des Hauses aus durch den Auskleideraum des Bades (A 6) zu erreichen. Kein ge-
deckter geschlossener Flur verbindet die Eingänge von Wohn- und Baderäumen. Es
überkommt einen das Gefühl innerer und äußerer Kälte, wenn die Räume der Fassade
durch einen (sagen wir halbbedeckten) Hof vom Herd und Küche und den wärmeren
inneren Wohnräumen getrennt liegen. Der Herd unter einem offenen Dach scheint
mir nicht für das nordische Klima zu passen und in Einklang zu stehen mit der
römischen Wohnkultur der Zeit.
Etwas wohnlicher würde das Haus im vorderen Teil, wenn man in Raum 2 im
Erdgeschoss statt des Portikus einen geschlossenen Flur annimmt. t Über den Eckräumen
darf man infolge der stärkeren Fundamente ein Obergeschoß annehmen, die 2 Räume

’) „Germania“, Heft I 1921.
 
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