Emi! Waidmann über den späten Trübner
Aus Einleitung zur 2. Auflage von Wilhelm Trübner „Personalien und Prinzipien".
Den großen Schritt zur Freiheit, den Aufschwung nach Überwindung der toten Punkte brachte
ihm sein erneuter Anschluß an die Natur, die Wiederanknüpfung an jene Kunst der Landschaft,
die er in den siebziger Jahren selbständig geschaffen hatte. Jene Harmonien in Blau, Grün und
Weiß, die ihn damals so bezauberten, fand er in den Jahren 1890 und 1891 in den Ansichten von
Chiemsee und Seeon wieder, nachdem er im Sommer und Herbst zuvor die Landschaft seiner
pfälzischen Heimat mit ihren strengeren Farben neu entdeckt hatte. Aber er begnügte sich nicht
mit dem einfachen Wiederaufnehmen damals verlassener Dinge. Die größere Energie der Form,
die er inzwischen in seiner Figurenmalerei immer weiter entwickelt hatte, verlangte auch gegen-
über der Landschaft ihr Recht und äußerte sich in einem neuen Sinn für das Räumliche als Bild-
eiement. Seine Landschaften haben mehr Tiefe und stärkere Konstruktion. Zugleich beschäftigte
ihn das Freilichtproblem, und durch das Zusammenwirken dieser Elemente wächst nun sein neuer
Stil heran, jener helle, kräftige Stil, aus dem nun alles Dunkle, eben unter dem Einfluß des Frei-
lichts, verschwindet, und wo nun die Zerlegung der Farbfläche in große mauernde Streifen und
Pinselstriche, die konstruktive Form modellierend bloßlegt und die Erscheinung einfach und
monumental aufbaut. Der „grüne Trübner" beginnt, und von diesem Punkte aus wächst sein
Schaffen immer gewaltiger, seine Naturauffassung wird gleichzeitig intimer und großartiger, seine
Malweise immer magistraler, und seine Vision im hellen Licht immer zwingender. Die Ansichten
von Wäldern und Ebenen, von Schloßgärten und Winkeln am See, von grünen Wiesengründen
und blauen Wasserflächen, fest in der Form und bewegt in Licht und Luft haben uns ein neues
Naturgefühl gegeben, von dem wir alle, bewußt oder unbewußt, leben, leben mit Auge und
Gefühl.
Aber - und es wäre ungerecht, dies zu verschweigen - das Anwachsen der Produktion, das mit
dieser immer steigenden Sicherheit des Könnens Hand in Hand geht, hat bisweilen etwas
Beängstigendes. Die Widerstände und die Hemmungen der eigenen Natur sind infolge des
Mangels großer neuer Probleme während der letzten beiden Jahrzehnte seines Schaffens aus-
geschaltet, und das Niveau seiner Durchschnittsleistung sinkt ein wenig. Er stößt Bilder aus,
wie ein Vulkan Gesteine ausspeit, und nicht alles ist gut. Manches Gleichgültige, manches, was
nur als Erzeugnis einer überlegenen Malfaust Wert hat, läuft mit unter, und in den letzten Jahren
erschien Trübners Schaffen etwas monoton. Doch man darf die Dinge nie summarisch nehmen.
Zugegeben auch, der Durchschnitt sei etwas weniger wert als in früheren Jahren, und die äußer-
lichen Wiederholungen ein und desselben Motivs seien etwas zahlreich, man muß immer das
einzelne Bild ansehen und nicht nach voreilig geprägten Gesamtbegriffen urteilen. Dann wird
man finden, daß innerhalb dieser fast animalisch zu nennenden Produktion viele, sehr viele
Werke von höchster Geistigkeit stehen. In den Serien von Amorbach und Hemsbach, vom Starn-
berger See und von Stift Neuburg sind zahllose Meisterwerke enthalten. Meisterwerke von
herrlichem Naturgefühl und restloser malerischer Gestaltung.
Aus Einleitung zur 2. Auflage von Wilhelm Trübner „Personalien und Prinzipien".
Den großen Schritt zur Freiheit, den Aufschwung nach Überwindung der toten Punkte brachte
ihm sein erneuter Anschluß an die Natur, die Wiederanknüpfung an jene Kunst der Landschaft,
die er in den siebziger Jahren selbständig geschaffen hatte. Jene Harmonien in Blau, Grün und
Weiß, die ihn damals so bezauberten, fand er in den Jahren 1890 und 1891 in den Ansichten von
Chiemsee und Seeon wieder, nachdem er im Sommer und Herbst zuvor die Landschaft seiner
pfälzischen Heimat mit ihren strengeren Farben neu entdeckt hatte. Aber er begnügte sich nicht
mit dem einfachen Wiederaufnehmen damals verlassener Dinge. Die größere Energie der Form,
die er inzwischen in seiner Figurenmalerei immer weiter entwickelt hatte, verlangte auch gegen-
über der Landschaft ihr Recht und äußerte sich in einem neuen Sinn für das Räumliche als Bild-
eiement. Seine Landschaften haben mehr Tiefe und stärkere Konstruktion. Zugleich beschäftigte
ihn das Freilichtproblem, und durch das Zusammenwirken dieser Elemente wächst nun sein neuer
Stil heran, jener helle, kräftige Stil, aus dem nun alles Dunkle, eben unter dem Einfluß des Frei-
lichts, verschwindet, und wo nun die Zerlegung der Farbfläche in große mauernde Streifen und
Pinselstriche, die konstruktive Form modellierend bloßlegt und die Erscheinung einfach und
monumental aufbaut. Der „grüne Trübner" beginnt, und von diesem Punkte aus wächst sein
Schaffen immer gewaltiger, seine Naturauffassung wird gleichzeitig intimer und großartiger, seine
Malweise immer magistraler, und seine Vision im hellen Licht immer zwingender. Die Ansichten
von Wäldern und Ebenen, von Schloßgärten und Winkeln am See, von grünen Wiesengründen
und blauen Wasserflächen, fest in der Form und bewegt in Licht und Luft haben uns ein neues
Naturgefühl gegeben, von dem wir alle, bewußt oder unbewußt, leben, leben mit Auge und
Gefühl.
Aber - und es wäre ungerecht, dies zu verschweigen - das Anwachsen der Produktion, das mit
dieser immer steigenden Sicherheit des Könnens Hand in Hand geht, hat bisweilen etwas
Beängstigendes. Die Widerstände und die Hemmungen der eigenen Natur sind infolge des
Mangels großer neuer Probleme während der letzten beiden Jahrzehnte seines Schaffens aus-
geschaltet, und das Niveau seiner Durchschnittsleistung sinkt ein wenig. Er stößt Bilder aus,
wie ein Vulkan Gesteine ausspeit, und nicht alles ist gut. Manches Gleichgültige, manches, was
nur als Erzeugnis einer überlegenen Malfaust Wert hat, läuft mit unter, und in den letzten Jahren
erschien Trübners Schaffen etwas monoton. Doch man darf die Dinge nie summarisch nehmen.
Zugegeben auch, der Durchschnitt sei etwas weniger wert als in früheren Jahren, und die äußer-
lichen Wiederholungen ein und desselben Motivs seien etwas zahlreich, man muß immer das
einzelne Bild ansehen und nicht nach voreilig geprägten Gesamtbegriffen urteilen. Dann wird
man finden, daß innerhalb dieser fast animalisch zu nennenden Produktion viele, sehr viele
Werke von höchster Geistigkeit stehen. In den Serien von Amorbach und Hemsbach, vom Starn-
berger See und von Stift Neuburg sind zahllose Meisterwerke enthalten. Meisterwerke von
herrlichem Naturgefühl und restloser malerischer Gestaltung.


