Zweites Kapitel.
Die Entwicklung der Cultur.
Culturstufen vom Gesichtspunkte der Industrie, des intellectuellen, des staatlichen und
des sittlichen Lebens. — Die Entwicklung der Cultnr entspricht grossentheils dem
Uebergange vom wilden Leben durch Barbarei zum civilisirten Leben. — Fortschritts-
theorie. — Entartungstheorie. — Die Entwicklungstheorie umfasst beides, den Fort-
schritt als primär, die Entartung als secundär. — Die Beweise aus der Geschichte und
Tradition sind für die untern Culturstufen nicht anwendbar. — Historische Beweise für die
Entartung. — Ethnologische Beweise für das Steigen und Sinken der Cultur, gewonnen
durch Vergleichung verschiedener Culturstadien an Zweigen derselben Rasse. — Alter
der Civilisation, soweit es geschichtlich festgestellt ist. — Die vorhistorische Archäo-
logie dehnt die Zeit, welche der Mensch auf niedrigen Civilisationsstufen zubrachte,
aus. — Spuren des Steinalters, im Verein mit Bauten aus kolossalen Steinen, Pfahl-
bauten , Muschelhaufen, Grabstätten u. s. w. beweisen, dass ursprünglich eine niedrige
Cultur über die ganze Erde verbreitet war. — Stufen der fortschreitenden Entwicklung
bei industriellen Künsten.
Nehmen wir das Problem der Entwicklung der Cultur als ei-
nen Zweig der ethnologischen Forschung auf, so muss es einer
unserer ersten Schritte sein, dass wir uns einen Masstab verschaffen.
Wenn wir nun etwas wie eine bestimmte Linie suchen, längs de-
ren wir den Fortschritt oder Rückschritt in der Civilisation berech-
nen können, so finden wir sie offenbar am Besten in der Classi-
fication wirklicher Stämme und Nationen der Vergangenheit und
Gegenwart. Da die Civilisation thatsächlich bei den Menschen
verschiedene Stufen erreicht hat, so sind wir im Stande, sie nach
positiven Beispielen abzuschätzen und zu vergleichen. Die gebil-
dete Welt Europas und Amerikas stellt praktisch einen Masstab
auf, wenn sie die eigenen Nationen an das eine Ende der socia-
len Reihe und die wilden Stämme an das andere Ende derselben
stellt, während die übrige Menschheit innerhalb dieser Grenzen
vertheilt wird, je nachdem sie mehr dem wilden oder mehr dem
civilisirten Leben entspricht. Bei dieser Vertheilung sind die Haupt-
kriterien die Abwesenheit oder Anwesenheit, hohe oder niedrige
Die Entwicklung der Cultur.
Culturstufen vom Gesichtspunkte der Industrie, des intellectuellen, des staatlichen und
des sittlichen Lebens. — Die Entwicklung der Cultnr entspricht grossentheils dem
Uebergange vom wilden Leben durch Barbarei zum civilisirten Leben. — Fortschritts-
theorie. — Entartungstheorie. — Die Entwicklungstheorie umfasst beides, den Fort-
schritt als primär, die Entartung als secundär. — Die Beweise aus der Geschichte und
Tradition sind für die untern Culturstufen nicht anwendbar. — Historische Beweise für die
Entartung. — Ethnologische Beweise für das Steigen und Sinken der Cultur, gewonnen
durch Vergleichung verschiedener Culturstadien an Zweigen derselben Rasse. — Alter
der Civilisation, soweit es geschichtlich festgestellt ist. — Die vorhistorische Archäo-
logie dehnt die Zeit, welche der Mensch auf niedrigen Civilisationsstufen zubrachte,
aus. — Spuren des Steinalters, im Verein mit Bauten aus kolossalen Steinen, Pfahl-
bauten , Muschelhaufen, Grabstätten u. s. w. beweisen, dass ursprünglich eine niedrige
Cultur über die ganze Erde verbreitet war. — Stufen der fortschreitenden Entwicklung
bei industriellen Künsten.
Nehmen wir das Problem der Entwicklung der Cultur als ei-
nen Zweig der ethnologischen Forschung auf, so muss es einer
unserer ersten Schritte sein, dass wir uns einen Masstab verschaffen.
Wenn wir nun etwas wie eine bestimmte Linie suchen, längs de-
ren wir den Fortschritt oder Rückschritt in der Civilisation berech-
nen können, so finden wir sie offenbar am Besten in der Classi-
fication wirklicher Stämme und Nationen der Vergangenheit und
Gegenwart. Da die Civilisation thatsächlich bei den Menschen
verschiedene Stufen erreicht hat, so sind wir im Stande, sie nach
positiven Beispielen abzuschätzen und zu vergleichen. Die gebil-
dete Welt Europas und Amerikas stellt praktisch einen Masstab
auf, wenn sie die eigenen Nationen an das eine Ende der socia-
len Reihe und die wilden Stämme an das andere Ende derselben
stellt, während die übrige Menschheit innerhalb dieser Grenzen
vertheilt wird, je nachdem sie mehr dem wilden oder mehr dem
civilisirten Leben entspricht. Bei dieser Vertheilung sind die Haupt-
kriterien die Abwesenheit oder Anwesenheit, hohe oder niedrige