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Abb. 10. Glasbecher mit Facettenschliff. 1 Günzburg. 2 Burg-
heim (Ldkr. Neuburg). 3 Bregenz. Maßstab 1 : 2.

geworden. Für das freie Germanien hat sie H. J. Eg-
gers14 zusammengestellt (Form 185 und 187), für die
römischen Provinzen und Italien selbst konnte
J. Werner15 18 Vorkommen von 13 verschiedenen
Fundorten namhaft machen. 8 weitere Fundorte las-
sen sich ergänzend hinzufügen (Abb. 10)16. Wir kön-
nen uns im wesentlichen auf die Ergebnisse Werners
stützen, doch läßt sich die Datierung dieser inter-
essanten Gefäße im Folgenden noch weiter ausbauen.
Werner teilte bei seiner Untersuchung die Form
Eggers 185 in zwei Varianten: 185 a und 185 b. Die
Form 185 b unterscheidet sich von der hohen Form
185 a nur durch die gedrungenere Gestalt bei ent-
sprechend weiterer Mündung. Die Technik ist bei
beiden Formen die gleiche. Diesen Bechern wurde ein
ebenfalls niedriger, in der Form ähnlicher Becher aus
dünnem, durchsichtigem Glas mit flach eingeschliffe-
nen Ovalfacetten gegenübergestellt (Form Eggers
187). Die Becher 185 a und 185 b unterscheiden sich
also nur durch die Form, 185 b und 187 durch die
Technik. Auf Grund der Vorkommen der Formen
185 a und 185 b in Unterkirchberg, Aislingen, Vin-
donissa Grab 178, Trier und Linz/KreuzschWestern
Grab 99 c datierte sie Werner in die zweite Hälfte
des 1. und an den Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr.,
womit er der Datierung von Eggers (Stufe B 2 -
50 bis 150 n. Chr.) beipflichtet. Auch die hohe
schlanke Form 187 hielt Werner mit den beiden ande-
ren für gleichzeitig.
G. Ekholm und Fremersdorf hingegen sprachen
sich für ein jüngeres Datum der niedrigen Form 185 b
und 187 gegenüber der hohen 185 a aus, ohne jedoch
ihre Zeitansätze näher zu begründen17 18.
Zur Datierung der schlanken Form 185 a ist nun
zu sagen, daß kein Stück — soweit es aus gesicherten

Fundzusammenhängen stammt — in das 2. Jahrhun-
dert weist. Die Becher aus Aislingen (Taf. 13,14. 15),
Unterkirchberg (Taf. 68, 1. 2) und Pompeji gehören
schon in die vorflavische bzw. frühflavische Zeit und
mit einiger Wahrscheinlichkeit wird man auch die
Stücke aus Bregenz (Abb. 10, 3) und Günzburg (Abb.
10, 1) in das 1. Jahrhundert n. Chr. setzen dürfen.
Der gedrungene Becher 185 b wird durch Burg-
heim (Abb. 10, 2), dessen Besiedlung erst in flavischer
Zeit beginnt, ferner durch Trier und vor allem durch
die englischen Fundorte Barnwell und Birrens in die
zweite Hälfte des 1. und in das frühe 2. Jahrhundert
n. Chr. datiert. Für die dünnwandigen Becher 187
kann nur das Grab 17 aus Liverpool bei Locarno
(Kt. Tessin) zur Datierung herangezogen werden13,
das nach den übrigen Beigaben an das Ende des
1. Jahrhunderts n. Chr. gehört.
Die Datierung der niedrigen Becher kann außer-
dem auf indirektem Wege gefestigt werden. Schon
F. Oelmann hat darauf hingewiesen, daß Becher
mit Facettenschliff nicht selten in Ton nachgeahmt
wurden19. Der von ihm abgebildete Tonscherben
stammt aus einer Grube vom Stiftsplatz in Bonn, die
durch ihren Inhalt an das Ende des 1. und an den
Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. datiert werden
kann. Auch Werner führte weitere Beispiele von
Tonnachahmungen an20, denen noch ein Scherben aus
Holt (Wales, Ende 1. Jahrhundert n. Chr.) und ein
ganz erhaltener Becher aus Tarsus zuzufügen sind21.
Es ist auffällig und für die Datierung nicht unwich-
tig, daß diese Tongefäße nur die gedrungene Form
185 b bzw. 187 imitieren. Auch die Sigillataindustrie
14 Eggers, Import Beilage 84 Karte 50.
15 Germania 31, 1953, 61 ff. Anm. 5.
16 Barnwell (Chambs) Becher 185 b, Guide to the Anti-
quities of Roman Britain (1922) 104 Abb. 123 c; (1951) Taf. 11,
2; Harden, Karanis 139 Anm. 1. Gellygaer (Glamorgan)
Scherbe 185 a oder b, J. Ward, The Roman Fort of Gellygaer
(1903) 84. B i r r e n s (Schottland) Scherbe 185 b. Ward, Gelly-
gaer a. a. O. 85 Abb. 16 rechts. Ar doch (Schottland) Scherbe,
Ward, Gellygaer a. a. O. 84. W i 1 d e r s p o o 1 (Lancashire)
Scherbe, Ward, Gellygaer a. a. O. 84. Bregenz, Scherbe
185 a, Landesmus. f. Vorarlberg Inv. 21450 Abb. 10, 3. G ü n z-
burg, Becher 185a, Mus. Günzburg Inv. 2307 Abb. 10, 1.
Ver celli, Becher 185 b, Itin. d. mus. e mon. d’Italia 6,
Museum Turin (1931) Abb. 35 oben links. Nach freundlicher
Mitteilung von H. Küthmann handelt es sich bei dem Becher
aus Köln (Mainzer Zeitschr. 23, 1928, 5 Taf. 4 c) um eine Fäl-
schung.
17 Eurasia septentrionalis antiqua 10, 1936, 63; Jahrb. d.
RGZM 2, 1955, 243 zu Form 185 und 187.
18 Simonett, Tessiner Gräberfelder 85 Abb. 68, 8; Lam-
boglia, Recensione 193.
19 F. Oelmann, Die Keramik des Kastells Niederbieber
(1914) 8 Abb. 2.
20 Germania 31, 1953, 63.
21 V. E. Nash-Williams, The Roman Frontier in Wales
(1954) Taf. 3, 7; H. Goldman, Excavations at Gözlü Kule,
Tarsus 1 (1950) 277 Nr. 821 Abb. 208, 821.

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