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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0011

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ss Januar jsjOs


Nr. 1 »- ZcilS 7

— uec.
et aber

'V^un-ne: Daß der injespunnte Bankdirektor Sanden sich schon bei Leb-
^ ^ zeiten 'n Jrabmal jesetzt hat, det hat mir'n Hochachtungsschluck for
diesen allgemein jeachteten Potsdamer abjenöthigt. Denn uff diese Weise
hat er doch jezeigt, daß er daran jedacht hat, et würde mal schnell mit
ihm zu Ende jeh'n, und die Leite würden sagen: „Na, der soll sich man
bejraben lassen." Vor dies Denkmal seiner Jröße hat der fromme Sanden
jewiß oft jestanden und sich jelobt, den Sparfennig der kleinen Leute wie
seinen eijuen anzuseh'n. Und denn is er jewiß immer zu Haus in sein
Stehlkämmerlein, ick wollte sagen Stahlkämmerlein jejangen und hat je-
dacht, daß Jeld nich jlücklich macht, wodrum er ooch den Armen den
letzten Jroschen jenoinmen hat. Aber dadrieber hat er nie laut jesprochen
jeschwiegen hat er und allens sor sich behalten. Ick, der Nunne, Hab'
immer jesagt: Er war so jutjläubig, daß Allens for ihn baare Münze war.



Bamberg. Wie blutdürstig
manche Kritiker sind, lehrt
eine Besprechung in der
„Allgem. Ztg. für Franken u.

Thüringen" dam 11. Dez.: „Einen Komiker, wie
Herrn B . . . , näher zu zergliedern, wäre
wohl eine dankbare Aufgabe." Zum Glück
dulden das unsere Gesetze nicht.

Berlin, ss Der „B. Bvrsen-Conrier" vom
23. Dez. preist im redaktionellen Theile ein neu
eröffnetes Weinrestaurant an, das „gleich am
ersten Abend Proben seiner gediegenen Eleganz
an den Tag legte. Der Chef des Hauses, ein
gemüthlicher Wiener, ist ein Opfer des Zu-
sammenbruchs der Spielhagenbanken geworden.
Er war Sekretär des Hofbankiers Schmidt, und
verwaltete die Kirchenkassen, deren Schatzmeister
Comes verstanden, in diesen Räumen eine
Stätte des Frohsinns und der Weinlaune zu
schaffen, wie sie in gleicher Vornehmheit kaum
zum zweiten Mal in Berlin Vorkommen dürfte."
Tie „Proben der gediegenen Eleganz", die das
Weinrestaurant an den Tag gelegt hat, scheinen
die sonst so gediegene Eleganz der Bericht-
erstattung des „Börsen-Conriers" nicht gerade
günstig beeinflußt zu haben.

Em-en. Im redaktionellen Theil der „Ost-
fries. Ztg." vom 14. Dez. wird eine „Wieder-
holung des gestern Abend so sehr gefallenen
Wohlthätigkeitskonzerts" angekündigt. So sehr
gefallen ist das Niveau der Ostfriesischen
Zeitungsstilisten.

Gera. I. L. Aus dem Zettel des „Fürst-
lichen Theaters zu Gera" vom 29. Nov. wurde
als „Musikpieee" im Zwischenakt angekündigt:
„Vorspiel zur Oper „Oavalleria rnstieauL" von
Leoncavallo." Warum spielt man nicht die
von Mascagni geschriebene Ouvertüre? Sie
ist doch nun schon bewährt!

Hannover. In Nr. 336 des „H. Tagebl."
findet sich die Anzeige: „Haushälterin. Zur
selbständigen Führung des deutschen Haushaltes
eines einzelnen Herrn in Rotterdam wird eine
in feiner Küche und allen Zweigen des Haus-
haltes durchaus erfahrene Haushälterin gesetzten
Alters, von hervorragender Sinnlichkeit
u. Ordnungsliebe, bei hohem Lohn, wenn mög-
lich zu sofortigem Eintritt gesucht." Eine her-
vorragende Reinlichkeit kann man der Gesin-
nung deS Suchenden nicht nachsageu.

Harburg. In den „Telegrammen der Börsen-
Halle" findet sich ein „New-York, den 10. De-
zember" datirtes „Orig.-Tel." mit dem Schluß-
satz: „Der Markt schloß fest, obwohl matt."
Da wird also wohl eine Baisse mit starker
Kurssteigerung zu erwarten sein.

Kassel. Im „Kass. Tagebl." vom 5. Dez. läßt
sich der Kuustrichter S. über eine Aufführung
der „Braut von Messina" aus: „In den ver-

schiedenen Auf-
tritten mit den
beiden Söhnen
wußte die Darstellerin für Freuden und Leiden
des leidenschaftlich bewegten Mutterherzens den
richtigen, sich dem Kothurn, in welchem
die Schillersche Muse in diesem Stück einher-
schreitet, durchaus unpassenden, dramatisch
accentuirten Ton zu finden", und weiter: „Die
Aufführung gestaltete sich im Allgemeinen
wiederum recht erfolgreich, der vielumstrittene
Chor erwies sich besser als sein Ruf und bildete
einen würdigen Piedestal kür die tragische
Gewalt der Dichtung." Mit welcher Geschicklich-
keit doch dieser Kritiker auf dem „Kothurn" und
„Piedestal" herumturnt! Er sollte Artist werden!

Neuhaldensleben. Der „Stadt- und Land-
bote" vom 13. Dez. behauptet, daß Eugen Richter
in der Budgetkommission des Reichstages einen
Antrag eingebracht habe, der mit den Worten
beginnt: „Stellen im Expeditionskorps, im
Heer und Margarine." So butterweich pflegt
Eugen Richter nicht zu sein.

Parchim. Von einer sonderbaren Fälschung
berichtet die „Norddeutsche Post" vom 9. Dez.:
„Falsche Fünfmarkscheine. Seit einiger
Zeit tauchen wieder falsche silberne Fünf-
markscheine im Verkehr auf." Wir glauben
nicht, daß die Falschmünzer so unpraktisch sind,
Geldscheine aus Silber herzustellen, denn noch
ist Silber nicht billiger als Papier. Sehr richtig
erklärte dis „Norddeutsche Post" Solchen, die nicht
wissen, ob ein Schein aus Silber gefertigt ist:
„ . . . nur am Klange bemerkt man, daß das
Geldstück nicht echt ist." Papierne Fünfmark-
scheine klingen nämlich nicht.

Remscheid und Lennep. Im „Gen.-Anz. für
Elberfeld-Barmen" vom 22. Dez. wird aus
Ronsdorf berichtet: „Das Ergebuiß der Volks-
zählung am 1. dieses Monats liegt jetzt vor.
Danach waren hier vorhanden: 1122 Wohn-
gebäude, 206 Pferde, 1 Esel, 752 Stück Rindvieh,
20 Schafe, 103 Schweine, 104 Ziegen, 4524 Stück
Federvieh, 57 Bienenstöcke, 10704 Obstbüume."
Es geht doch nicht an, die Nonsdorfer Bevöl-
kerung in Pferde, Esel u. s. w. einzutheilen.
Zum miudesten kann da von Volkszählung
nicht die Rede sein.

Reutlingen. C. K. Dank für den Ausschnitt
aus dem „Schwarzwülder Boten" vom 13. Dez.:
„Heirath. Tüchtiger Geschäftsmann, 25 I. alt,
von guterzogenen Eltern, angenehmem
Aeußeren, kathol. Konfession, mit einem gut-
reutirenden Geschäft, sucht eine Lebensgefährtin
von gutem Ruf, Häusl, erzogen, Vermögen er-
wünscht." Dieser „tüchtige Geschäftsmann" muß
auch sonst sehr tüchtig sein, wenn er so stolz be-
tonen kann, daß seine Eltern gut erzogen seien.

Varel. Der „Gemeinnützige" brachte in Nr. 275
die Reklame eines „Manufaktur- und Konfek-
tionsgeschäftes", dessen Inhaber hervorheben:
„Bei Bedarf, besonders auch jetzt zu unserem

Zritz Lngrl in Berlin.Lharlottenbura.

Druck und verleg von Rudolf Motze in Berlin.

Weihnachtsfeste, halten wir uns -bestens
empfohlen." Haben diese Handelsleute ein
besonderes Weihnachtsfest für sich? Warum
schließen sie sich nur von: der Allgemein-
heit aus?!

M Sen alten versauen

(Neue Siegesalleesruppe Friedrich Wilhelm
des Ersten.)

"^fsus Marmor einen Marschallstab
H Gab man dir zwar zu halten
Doch rathe ich dir: leg' ihn ab
Und laß' ihn neu gestalten.

Zu klein ist er und wenig stolz,

Raum, daß wir ihn erkennen,

Nicht größer als ein Schwefelholz,

Die Pfeife anzubrenncn.

Drum von Professor Siemering
Laß' dir den Stab nur ändern,

Recht lang und groß und nicht gering,
Mit ciselirten Rändern.

Mit Edelsteinen roth und grün
Sei dicht besät der Stecken —

Und in die Luft mußt du ihn kühn
Und stegessicher strecken.

Dann tritt ein Jeder gern zu dir
Und summt ganz ohne Frage:

So leben wir, so leben wir,

So leben wir alle Tage.
 
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