Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0035

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
25. Januar ssM

Ul,K

Nr. H ^ Seite 7

Witze von
die armen

^"^unne: Ick find' es Quatsch, sich dadrieber lustig zu machen, daß Herr
^ Doktor Schönlank, wat 'n berühmter Volksvertreter und Herausjeber
der „Leipziger Volkszeitung" is, von einem seiner Nedaktöhre 'ne Back-
flaume abjelriegt hat. Ick finde jrade darin 'nen fradezu schlagenden
Beweis der Jleichberechtiguug, lvie sie im Zukunftsstaat Parajraph Eins sein
wird, indem daß da Jeder Jeden ohne Ansehn der Person wird verkloppen
können. Und ick erkläre ferne, daß det Paradies jaruischt war jejen
Leipzig, denn det Paradies hatte nur 'n Feijenblatt, aber Leipzig hat
nn 'n Ohrseijenblntt. Ick estimir' voch den Nedaktöhr, der dem
Schönlank so schön wat jelangt hat, jenem wie Alexander den Jroßen,
der ja ooch mal 'n Knoten durchjehauen hat. Also weg mit de
diese erhebende Anjelejeuheit. Ick, der Nunne, Hab' et aber immer jesagt:

Sozis sind doch alle Mal die Prügeljungen.



Barmen. Die Wochen-
schrift „DeutscheEssigindustrie"
vom 3. Jan. theilt ein neues
Verfahren für Brennereien
mit: „Es löst die Aufgabe, Maismaschinen
von 1000 bl und mehr in wenigen Tagen
zu verzuckern." Wenn die Maismaschinen
erst verzuckert werden, sind sie doch nicht zu
gebrauchen.

Berlin, p In der „National-Ztg." vom
10. Jan. erzählt ein Feuilletonist: „Man kennt
Taumier als einen Meister der Pariser Karikatur,
als einen Satiriker von beißender Schärfe, der
im zweiten Drittel des neunzehnten Jahr-
hunderts, zumal unter dem Bürgerkönig Thum,
eine öffentliche Macht bedeutete." Den Geschichts-
schreibern ist es bisher entgangen, daß die
Franzosen im zweiten Drittel des vorigen Jahr-
hunderts einen Bürgerkönig mit dem deutsch-
klingenden Namen Thum hatten. Der Be-
treffende soll übrigens, wie wir bei weiterer
Nachforschung entdeckten, ein naher Verwandter
des General Stab gewesen sein. — O. O. Unter
einem Bilde, das der „Tag" vom 9. Jan. bringt,
liest man: „Vom Chinakrieg: Abkochen der
deutschen Truppen auf einem Streifzug in
der Umgegend von Peking." Zum Glück ver-
breitet die Zeichnung eine gemüthlichere Stim-
mung, denn es handelt sich augenscheinlich um
ein Abkochen erbeuteten Viehes durch deutsche
Truppen. — E . . n. Im 7. Beiblatt der Nr. 21
des „Lok.-Anz." findet sich auf Spalte 6 unten
das Inserat: „Mädchen sucht Stallung."
Beweis für die Wohnungsnolh in Berlin! —
E. I. Sie machen hübsche Epigramme. Schicken
Sie uns doch gelegentlich etwas. — N. N. Eine
Anzeige in Nr. 11 des „B. T." lautet: „Nähe
B... straße sucht ältere gebildete jüdische Dame
1 bis 2 leere Zimmer zur gemeinschaft-
lichen Führung der Wirthschaft bei
ebensolcher abzumiethen." Bei ebensolcher
Wirthschast? — M. A., Charlottenburg. Mit
bestem Dank abgelehnt.

Bcuthcn O.-S. Im Leitartikel der „Oberschl.
Grenz-Ztg." vom 6. Jan. entfalten sich folgende
Stilblüthen: „Der Zweibund wird freilich keine
ewige Tarier haben, da es den Franzosen endlich
doch einmal zu viel werden wird, immer nur
Rußland gegenüber die Citrone zu spielen, die
sich auspresscn läßt," und am Schluß: „Italien,
dieser kleine Gernegroß, spielt überall das fünfte
Rad am Wagen, doch muß es dabei sein." In
einem folgenden Lokalbericht heißt es: „Welch
anzügliches buntes Bild bietet die stark bevöl-
kerte Eisbahn." Wir halten das für eine Ver-
leumdung der harmlosen Pärchen auf dem Eise.

Elbing. „Aus den: Kreise Schweiz" meldet
die „Elb. Ztg." vom 1. Jan.: „Auch in diesem
Jahre sind von dem Kreisausschnß 58 Dienst-

boten mit Prä-
mien von 10 bis
20 Mark für
5jährige tadellose Dienstzeil bei einer Herrschaft
bedroht worden." Der Kreisausschuß sollte
doch so arbeitswillige Leute in Ruhe lassen!

Essen. Von einer sonderbaren Auszeichnung
weiß die „Nheinisch-Westfäl. Ztg." vom 8. Jan.
zu berichten: „Der Divisionsdampfer Z...
von der 15. Division in Düsseldorf ist zum
Militär-Oberpfarrer des IX. Armeekorps in
Altona ernannt worden." Danach muß dieser
Divisionsdampfer ein Kirchenschiff gewesen sein.

(Slogan. Das „Ober-Glog. Stadtblatt" zierte
seine Nr. 1 mit einer Dichtung: „Ter Deutsche
an der Jahrhundertwende!" Wir können es
uns nicht versagen, einige Strophen zum Ruhme
des Dichters hier wiederzugeben:

Die deutsche Nation rächt seine Ehre
An einem tück'schen und wilden Feind.

Setzt er sich auch verzweifelt zur Wehre,

Die Göttin des Glückes die Hand ihm
verneint.

Anfing das alte Jahrhnndert mit Kriegen,
Das deutsche Volk im Schritt stille stand.
Es mußte den Hochmuth sich lassen besiegen.
Es hatte sich selbst und Gott verkannt.

Doch wachsend erwachte in ihm deutscher
Glauben,

Gut' deutsches Eisen, gut'deutscher Muth.
Es ließ sich zwar beugen, doch nie ganz sich
rauben

Sein' stolze Freiheit, sein höchstes Gut.

Einmal erinnert, bewahrt cs die Treue
Für das „All-Deutschland" so einig und fest.
Hält mit dem Fortschritt der Zeit stets
aufs neue

Nur gleichen Schritt; vom alten es läßt.
Ruht nie mehr ans auf Lorbeerkränzen,

Nein, flicht aufs neue sich Blatt für Blatt;
Sei's in gewaltigen Kriege stünzen
Oder imFrieden; am Ruhm Antheil 's hat.
Schade, daß der Oberglogarier Stadtblattdichter
sich nicht nennt. Hoffentlich ruht auch er „nie
mehr aus auf Lvrbeerkränzen", damit man
auch von ihm sagen kann: „am Ruhm An-
theil 'r hat."

Guben. Die „Fürstenberger Bürgerztg." vom
31. Dez. bringt nicht weniger als drei Gedichte
zum Jahreswechsel. In dem ersten wird an
das neue Jahr der Wunsch gerichtet:

Daß du mit mildem Hauch umfächeln

Wirst unsre rauhe Pilgerbahn.

Im dritten wird ein weniger grammatikalisch
als moralisch befriedigendes Gelöbniß abgelegt:
Und wir wollen uns geloben stets mit guten
Sitten,

Heute treten in das neue Jahr hinein.
Danach kann man der Versicherung des zweiten
Gedichts Polles Vertrauen entgegenbringen:

Die „Bürger-Zeitung" wird im neuen Jahr
Biel Schöneres als früher bringen.

Sie wird's mit Fleiß versuchen immerdar.

Zum Lesen und auch was zum Singen.

Welch ein Ohrenschmaus wartet der Abonnenten
ber „Bürger-Ztg." !

Hamm. Der „Westfäl. Volksfreund" vom
12. Jan. bringt die menschenfreundliche An-
zeige: „Eine bei Coblenz wohnhafte katholische
Herrschaft sucht zu Ende Februar eine einfache
Köchin, welche selbständig kochen kann und
einen Theil der Hausarbeiten übernimmt, und
ein Hausmädchen, zugleich zu ihrem Kinde,
welches nähen kann." Die Einschränkung, daß
das Kind des Hausmädchens nähen gelernt
haben muß, läßt vermuthen, daß die gutmüthige
Herrschaft nur ein Hausmädchen mit älterem
Kinde aufnehmen will. Das kann man ihr
nicht verdenken, denn ein ganz kleines macht
doch gar zu viel Wirthschaft.

Mainz. Der „M. Anz." vom 27. Dez. meldete
von einem Streit des dortigeir Theaterdirektors
mit dem Besitzer des Saales. Dem Theater-
direktvr wird nachgesagt: „Am Schlüsse der
vorigen Saison verunreinigte er sich mit
dem Besitzer." Das ist von Beiden nicht hübsch.
Erwachsenen Personen darf so etwas nicht
passiren.

Plauen. Die „Neue Vogtländische Ztg." er-
zählt in Nr. 301 von einer „JahreSabschieds-
mahlzeit": „Im Verlaufe des schöij verlaufenen
Abends wurden mehrere Reden gehalten." So
werden die Leser des Blattes über alles Bedeut-
same auf dem Verlaufenden gehalten!

Wien. F. F. Ein Ausschnitt aus der „Neuen
Freien Presse" vom 11. Jan. enthä.t die An-
zeige: „Verzinse d. Kapital meiner zukünft.
Frau sicher zu6pCt. Räume ihr unbegrenzte
Freiheit in Allem ein. Stehe bez. Charakter,
Geist, Aenßerem, Abstammung über d. Durch-
schnitt." „Bezüglich Aenßerem!" Aber bezüg-
lich der Bildung sicher unter dem Durchschnitt.

Au Lacke!

Gezeichnet von — Simon Ratzenstein.

Schönlank — schön dick l

Fritz Engel in Berun-Ltzalloitenburg.

Druck und Oering von Rudolf Mosse in Berlin,
 
Annotationen