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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0062

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Seite 2 * Nr. 8


22. Februar (ZOs

Würdenträger.

llchgrltellt ilt örr Miniltrr,

Hat das höchlte Amt im Staat,
Auserwählt ?um Führer ilt er
Ais des Königs nächster Nach.

Anter ihm drängt lich die Lürgergemkinde,

Ai! der Millionen verlchlnng'nes Gewirr.

Lrüder und Gegner, Getreue und Feinde,
Fördernd und hemmend, entlchlollen und irr.

Freien Slicks und hohen Sinnes
Wirk' der Staatsmann würdevoll
And nur achtend des Gewinnes,

Der dem Gan-en dienen lall.

Doch die ?ur Lenkung des Volkes erkoren,
Haben olt mindere Arbeit erwählt,

Stöbern durch Akten und spitzen die Llhren,

Mas lich die niederste Sippe erzählt.

Ihnen kehlt der Sinn, der hohe,

Der sich in die Freiheit wagt,

And die lkunlt, die kreie,' frohe,
knebeln lie wie eine Magd.

Aber lie führen geheime Register,

Sehen den Taufschein an Stelle des Rechts,
Lauschen parteiischem Schwatz und Geklültrr,
Raffeeklatlchbalen des starken Geschlechts.

Dienen diele Herrn dem Staate
Anbehindert weiter lo,

Mird aus dem Minilterrathe

Raid - ein Detektiv-Rüreau. s. Mg.

Ludwig 7uldaz „MMngrscvwezter".

Erste Aufführung am Lessiugtheater am (3. Februar.

Lesrdettel für die gokbüdne in Lalau.

Das Stück spielt bei Berch und Flothow, Abtheilung für italienische
Kostüme aus dem sechzehnten Jahrhundert.

ver erste Mt.

Orlando (reicher Großmundbesitzer): Unter uns gesagt, ich
mopse mich mit meiner Ollen. Sie hat nur noch was für unfern
Jungen übrig und nichts mehr für den Papa. Dabei sind wir
doch hier in Papadua. Ich möchte mal wechseln. Da ist zum
Beispiel die Frau meines Jägermeisters, ein artiges Wild, das
auch Lust zum Wechseln zu haben scheint. Komm mal 'ran
Kleine! Was hast du für süße Chambre sspa-Rehaugen. (Er
küßt sie.)

Giuditta (seine Frau, bekannter unter dem Namen AgneS
Sorma, hört den Kuß d,rch die Thür — daher der Name Portikuß —
und sagt, nachdem ihr Gatte die Szene, die sie ihm eigentlich machen
sollte, verlassen hat): Der Schlankerl! Aber ich will mich rächen —
Pardon wird nicht gegeben. Wozn Hab' ich denn eine Zwillings-

schwester, die mich gerade besuchen will? Wir sehen in all' unserer
vielbewunderten Anmuth einander so ähnlich, wie ein Ei! Ei!
dem andern, bis auf das Muttermal, das sie vor mir voraus
hat. Ich werde scheinbar zu Mama reisen, aber gleich als meine
Schwester zurückkehren. „Als ich wiederkam", werde ich „das
zweiteGesicht" sein.lZu dem wieder eintretenden Gatten):Orlandochen!
Ich fahre mit dem nächsten O-Zug zu meinerMutter. (Bedeutungsvoll):
Mir ist so bange.

Orlando (für sich): Und ich thue hier einen tüchtigen Bummel-
Zug aus dem Becher der Freude. Die Frau Jägermeisterin ist
zwar dumm wie Bohnenstroh — je nun, so werde ich einBohuen-
strohwittwer sein.

lSchlutz des ersten Aktes. Das Publikum merkt sofort, was jetzt kommt,
nämlich)

ver rweite Mt.

(Giuditta erscheint als Renata und benimmt sich in der viel fescheren
Rolle ihrer Zivillingsschweßer so ren itürlich, daß gerade ihre wärmsten
Verehrer sagen, die Sorma sei an diesem 'Abend nicht einzig gewesen.)

Orlando: O Schwägerin, wie ähnlich siehst du meiner Frau.
Wenn auch nicht sprechend, denn du sprichst viel reizender.

Renata (kokettirt furchtbar mit ihm).

Orlando (beklommen): Eielt es denn keinen Kokettirschuß-
verein? Mir wird ganz bigamieß zu M..the.

Sandro (>ein und Eiud ttas Sohn kommt hereingehüpst. In
Renata): Muttel, da bist du ja!

Orlando: Das ist ja deine Tante!

Sandro: Me ne Tante? Keine Tante!

Renata (die ihr Kind gern küssen mochte): Tantalusqualen, die
ich leide! (laut): Schwager, vergiß nicht Giudittas!

Orlando: Du gehst mir vor.

(Das Publikum, froh, daß in dem Stück endlich etwas vorgeht, gehr
nun selbst zu lebhaftem Be fall vor. Schluß des zweiten Aktes. Es er-
scheint sein Zwillingsbruder, der im Grunde genau so aussicht):

ver arme Mt.

Renata: Er liebt mich wahrhaftig! Und hält mich wahr-
haftig für meine Schwester. Na, ich will ihm etwas malen.

(Tis Handlung bekommt jetzt Farbe. Giuditta-Nenata benutzt diese
und tupft sich ein Muttermal auf den Nacken.)

Orlando (eintretend): Faktisch! Wenn ich noch einen Zweifel
gehabt hätte, sie ist nicht meines Sandro Mama, sondern seine
Tante. Da hat sie ja auch das Tantenmal aus der Brust. (Laut):
O Renata! Ich liebe nur dich! Die Giuditta wird uns Fulda
schon aus dem Wege reimen. Ich müßte ja geradezu ein Ueber-
brettl vor dem Kopfe haben, wenn ich mich nicht von ihr trennte.

Renata: Gut, es sei! Aber da werden die Leute schön
klatschen.

(Das Publikum läßt sich das gesagt sein.)

ver vierte Mt.

(Giuditta, nun wieder sie selbst, scheinbar von der Reise zurückkehrend.)

Orlando: Giuditta, du? Und das liebliche Geschöpf, das
ich eben angebetetetet habe? Und das Muttermal?

Giuditta: Allens jeforben.

Orlando: O du reizende Muttermalerin du!

Giuditta: Und wirst du mir treu bleiben?

Orlando: Ich bin vom Wechsel-Fieber geheilt.

Giuditta: Und wenn nicht?

Orlando: Fulda, nicht wahr, dann schreiben Sie eine
Drillingsschwester? (Er faßt Giuditta um):

Ningelringcl Rosenkranz,

Ich tanz' mit meiner Frau,

Wir tanzen um den Fulda 'rum
Es ruft nach uns das Publikum!

Ich dnh' mich wie ein Pfau!

Klatsch! Klatsch! Publikum!

Ich dreh' nnch wie ein Pfau.

Otto Brahm (vom Deutschen Theater, beim Hinausgeheir): Ach,
wäre mein Goldner-Al end neulich so erfolgreich geweseu!

Otto Neumauu-Hofer: Was wollen Sie denn? Nun wird
j es hier bei mir manch' gold'ner Abend werden. F.
 
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