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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0089

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^5, März 1901

6-.

Nr. 11 * Seite ö

Der VatrmtiKmuF im Geldschmnk.

Moment-2Lufnah me aus dem Direktionsbüreau eines Großindustriellen.

Direktor (zum eintretenden Sekretär): Was giebt's? Eine neue
Bestellung?

Erster Sekretär: Nein, Herr Direktor. Aber derKorrespondent
unseres Berliner Preßorgans fragt an, wie er sich zur Sache der
Friedensliga stellen soll. Es wird wieder eifrig agitirt. Man
wird in der Presse nicht gut dagegen auftreten können.

Direktor: Wollen wir auch nicht. Pflicht aller Patrioten ist
es, dem Vaterlande den Frieden zu bewahren. Schreiben Sie!
(Ter Sekretär macht Notizen.) Der Friede wird niemals durch
Vereinsreden und Romanphrasen gesichert werden. Dazu bedarf
es eines kräftigeren Schutzes: schlagfertiges Heer, seetüchtige
Marine! Ueberhaupt Marine, Kanonen, Panzerplatten u. s. w.
n. s. w. — Verstanden? (Erster Sekretär nickt und zieht sich unter fort-
währenden Bücklingen zurück, ein zweiter tritt herein.)

Zweiter Sekretär: Herr Direktor gestatteil?

Direktor: Na?

Zweiter Sekretär: Kabeltelegramm aus New Port. Re-
gierung der Vereinigten Staaten nimmt neuen Posten nur, wenn
Forderung um 500 Mark per Tonne ermäßigt wird. Sonst erfolgt
Annullirung des Auftrags.

Direktor: Diese Krämer! Ganzer Verdienst geht futsch.
Werde ihn bei Anderen herausschlagen müssen! Fatal, sehr fatal!
Kabeln Sie: Acceptirt! — — (murmelt) Solche Bande! (Der
zweite Sekretär verneigt sich und geht, dem dritten Platz machend.)

Direktor: Rasch! rasch! was haben Sie?

Dritter Sekretär: Es handelt sich um die Denkmals-
angelegenheit in unserer Stadt. Der Herr Direktor wollten heute
entscheiden, welchen Beitrag unsere Firma — —

Direktor: Richtig! Sie sollten ja nachforschen lassen, ob
der Hof zur Enthüllung erscheinen wird, und wie man überhaupt
oben zu der Sache steht.

Dritter Sekretär: Sehr wohl, Herr Direktor! Ich habe
zuverlässige Bürgschaft, daß die Denkmalaufstellung sich nicht nur der
Gunst des Hofes erfrent, sondern direkt von oben angeregt worden
ist. Man wünscht an maßgebender Stelle dringlichste Beschleuni-
gung und eine prunkvolle Ausführung.

Direktor: Prunkvoll! Ja, ja! Wir werden 100 000 Mark
zeichnen, — sofort flüssig zu machen.

Dritter Sekretär: Für das Komitee?

Direktor: Gott bewahre! Check geht an unfern Freund,
den Hofrath. Sie wissen Bescheid?

Dritter Sekretär: Sehr wohl, Herr Direktor. (Er ent-
fernt sich, der Direktor wendet sich zum nächsten.)

Vierter Sekretär: Telegramm aus Berlin: Ministerium
will Auftrag auf 15 Jahre festlegen. Will aber nur 200 Mark
mehr als die Amerikaner zahlen.

Direktor: Wa—as? Woher weiß man denn in Berlin,
was uns die New Porker zahlen? (Wüthendt: Wer hat das ver-
rathen? Wer wagt, uns Preise vorzuschreiben?

Vierter Sekretär: Verzeihung, Herr Direktor. So weit
ich orientirt bin, hat der Abgeordnete Müller-Fnlda im Reichstag
die Sache aufgedeckt.

Direktor: Natürlich! So ein Reichsfeind! Dieser vater-
landslose Geselle! Aber ich gehe nicht darauf ein. Ich
werde doch einmal sehen. Telegraphiren Sie: „Bestehen
auf unserer Forderung." (Der vierte Sekretär ab.) Wenn ich am
eigenen Lande nicht mal 400 Mark mehr verdienen soll als

an den Pankees, dann können wir kein Geschäft machen. Ich

lasse nichts herunter. Wir werden das Ministerium schon
einschüchtern.

(Der fünfte Sekretär naht und Hinte-' ihm ein verhärmtes,

schluchzendes Weib.)

Direktor: Was soll die Koniödie?

Fünfter Sekretär: Sie ließ sich nicht abweisen. Sie steht
schon zwei Stunden im Büreau und weint unaufhörlich.

Die Frau (stürzt dem Direktor zu Füßen): Erbarmen, Herr
Direktor. Lassen Sie meinen Mann wieder eintreten. Er ist doch
arbeitsam und nüchtern. Und wir haben fünf Kinder und die

alte Großmutter — mein Mann ist doch kein schlechter Mensch.

Direktor (zum Sekretär): Was ist's mit dem Menschen?
Trunkenbold oder Faulpelz?

Fünfter Sekretär: Nein, Herr Direktor. Der Mann hat
vom Inspektor das beste Zeugnis;, er ist einer der pünktlichsten
und gewissenhaftesten Arbeiter und sehr bescheiden, aber —

Direktor: Zum Henker! Aber?

Fünfter Sekretär: Er war gegen das Verbot am vorigen
Sonntag in der sozialdemokratischeil Versammlung —

Direktor: Was? Und einen solchen Kerl soll ich behalten?
Einen Umstürzler? Einen, der das Vaterland gefährdet?

Die Frau: Er ist ja gar kein Sozialdemokrat. Er ging nur
mit seinem Vetter —

Direktor: Das genügt. Das thut ein echter Patriot nicht —
einer, der sein Vaterland liebt. Ich dulde in meinem Reich keine
Vaterlandsfeinde. Hinaus! — Hinaus! sag' ich. (Der Sekretär
und das Weib schleichen hinaus, der Herr Direktor beliebt sich zum
Frühstück): Werner, bringen Sie Knpferberg Gold. Ein echter
Patriot muß die deutsche Industrie stützen. S. Mg.

ZMMcfte Urttsnsmie.

Oie berliner 5tacl!väter lrnben neulich, wie
die ölälter rm meläen wursten, äie Aeptower
Sternwarte besucht. 6s wurde ihnen der neu
entdeckte 5ter» gezeigt, von dem jetzt so viel
die llede ist. „Möge es nur kein Unstern sein!"
sagte ein Stadtverordneter, der unzweifelhaft an
den ebenfalls jetzt ausgehenden Oberpräsidenten
von öerlin dachte. Und als dann der Direktor
der Sternwarte den Herren den Orionnebel
Zeigte, sagte derselbe Stadtverordnete verträumt
vor sich hin: „Orion-I) eb ei? Dein! Stuben-
llauch wird er heissen."

aS--

Im Luge Ser Leit.

— Schaffner, das ffupee ist ja nicht gehest.

Da, Sie wollen ja doch nach Lislebenl

Held Älrich.

^ort das Lreigniß unermeffen:

Jüngst ward vom Großher-og von Hessen
Lin So-ialist gar kühn vrrwogen
Sach Tisch in rin Gespräch ge-ogen.

Fing drum dir Lrde an -u -ittern?
Lrkrktr klaffend die Matur?

I keine Spur!

So -wischen ahnenrrichrn Luttern
Sprach Alrich frisch, frei, fromm und froh
Mit Liekden Lrrrniffimo.

Man sprach vom Wetter ohne Frage,

And wir schon länger jetzt die Tage. —
And nun staunt recht das Wunder an:
Stark Alrich dran? Lr stark nicht dran.

And wir die Hoheit kommt?um Schluß,
Macht A lrich seinen Liratzrfutz
And denkt: „Was nie geglaukt ich hätt',
Lin solcher Fürst iff ja gan- nett!

Gan? kurchtkar nett
Von §1 kis L!"

And leise fügt er noch hin-u:

„Mein Grohher^og, mein Schirmherr Du!
Wenn ich nicht wär' ein So-ialiste,

Lin greulich wüster Mitichristr,

Lin L»ruolu??rr, der voll Wuth
Schlechthin verlrchh nach Fürstrnklut,

Lin A»istur?prrdigrr hundsgemein:

Ich macht' mal Du rin kiochrn sein." —

r. 6.
 
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