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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0195

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Seite 2 * Nr. 25

2;. Juni MI

I^K

Die Aüiinislerreise.

xcellenx lasen äen Leitartikel, worin ausgeführt
wurde, äass Minister niemals im glanxe ihres
Amtes, sonäern incognito reisen unä nicht nur
mit äen Spitzen äer Lehöräen unä äen gross-
grunäbesitxern, sonäern vor allem mit äem
kleinen wann verkehren sollten, um äie wirk-
lichen Zustände äes Lanäes kennen xu lernen.

gxcellenx blieben äaraufhin acht Lage äem
habv'schen ?risirsalon fern unä liehen sich
schliesslich aus äer waskengaräerobe äas vom
lebten gesinäeball übrig gebliebene Kostüm eines
Ackerknechtes. heimkehrenä sah er so incognito aus, äass ihn äer
Portier nicht mehr in sein eigenes winisterpalais hineinliess.

gxcellenx fuhren nun hinaus in äie Laue äes Uaterlsnäes» selbst-
los genug, um äie äritte Klasse xu benutzen. Auf äer Station einer
Kreisstsät stiegen gxcellenx aus unä wanäerten einem Kittergut xu,
äessen kesitxer als besonäers energischer Uorkämpker äes Lundes äer
Lanäwirthe bekannt war. Mit äem Minister xogen aus äer Stadt auf
äas gut allerlei Leute mit grossen Körben unä Schüsseln. Sie trugen
Misch, Meine, Majonnaisen, feines gebäck, ?rüchte unä süsse Speisen
unä erzählten äer heimlichen kxcellenx, äass äer Herr graf heute Jagä-
gsste habe, „hm!" äachte äer Minister, „so hoch geht es also bei
äiesem Manne xu!" Dann kehrte er im Dorfkrug ein unä entwarf
geraäe einen plan, wie er äie Leschweräen äer kleinen Lanäbevölkerung
am besten unä unauffälligsten abhorchen könne, als äie Lieferanten
bereits wieäer vom Schlosse xurückkehrten. Aber alle waren sehr
traurig, oäer sie ergingen sich in xornigen Keäen, weil sie keine Le-
Zahlung kür ihre Maaren erhalten hatten. „So geht es uns aber jeäes-
msl!" sagte Einer.

gxcellenx gingen äann rum Lehrerhsus unä machten äie Leobachtung,
äass es vorzüglich ventilirt sei, inäem äie frische Luft an verschie-
äenen Stellen äes Daches freien 6in- unä Austritt hatte, gxcellenx
fanäen nur äie Lehrerfrau mit acht Kinäern xu Hause. Man sagte ihm,
äer Lehrer kolportire auf Lekehl äes gutsbesitxers konservative Lroschüren.

gxcellenx fragten, ob äer Lehrer für äiese Arbeit eine gntschääigung
bekäme. 0 ja, hiers es, er erhalte ein Freiexemplar äer betrektenäen
staatserhaltenäen Schrift.

gxcellenx schmunzelten befriedigt unä schritten äen weitgeäehnten
Feldern xu. gxcellenx sahen vor sich ein Lauernmäächen schreiten unä
freuten sich über äie kräftige gestalt, welche äie gewähr xu geben
schien, äass eine gesunäe unä wehrfähige Kasse auch fllräerhin äiesem
Lanästrich entsprossen werde. Aber wie gxcellenx äas Määchen ein-
geholt hatte, sahen sie, äass selbiges weinte. „Marum weinst Du» mein
Kinü?" kragten gxcellenx. „Ach, äer junge Herr graf!" schluchzte äas
Määel, „er war immer so freunälich xu mir . . . ."

Koptschllttelnä Hessen gxcellenx äas Määchen stehen. „Merk-
würäig!" sprach er xu sich selbst, „äieses Lauernvolk! Mirä von seiner
Herrschaft freunälich behanäelt unä flennt noch äarüber! Aber nun
glaube ich, habe ich genug ginärücke gesammelt."

gxcellenx kehrten xur Station xurllck unä lösten ein killet erster
Klasse, nicht ohne äass äer genäarm ihn misstrauisch beäugte. Im
goupe allein, athmeten gxcellenx auf unä schrieben äann in ein
Dotixbuch:

Kesultate einer längeren Inspixirungsreise: Die gross-
grunäbesitzer haben vielfach nicht genllgenä Laarmittel, um äen
nothwenäigen Lebensunterhalt xu bestreiten. Um so mehr ist es
anxuerkennen, äass sie äurch äen gertrieb geeigneter Schritten für
äie grxiehung äer Levölkerung sorgen unä speciell äie Lehrer, äie
Leiter äer Jugend, geistig an sich kesseln. Auch veräient her-
vorgehoben xu weräen, äass äie Lauern — nach äeren eigenem
gingestänäniss — von äer gutsherrschatt freunälich behanäelt
weräen!

gxcellenx lehnten sich in äie Kissen xurück. „Alberner Leitartikler!
murmelten gxcellenx. „Doch genau äieselben öeobachtungen habe ich
auch früher gemacht, wenn ich nicht incognito reiste unä meiner MUräe
gemäss auf allen Herrensitzen xum Diner gebeten wuräe!"

Dann geruhten gxcellenx xu schlafen, bis äer 2ug in Lettin
einkuhr ... x.


Sa; 8i;marcli-venlrmal.

^hr Llolksvertteter, blickt hinaus
^ Hecht ott aus eurem sseichstagshaus,
Mo sich äas venkmai jetrt erhebt
Dem grössten Mann, äer uns gelebt.
lMnt ihr von äort auch sehen nicht
Zein eh'rnes heläenangesicht,

Zeht wenigstens euch Mann für Mann
Zein Rückgrat an.

Lvaldersee ksinint nicht
nach Amevika.

Wat meenst de Lude, warum der
alte Weltmarschall nicht nach de
neue Welt fährt?

Ick jlobe, er hat in China mit die
vereinichten Heere nich Viel
Staat jemacht.

Und da meenste, daß die ver-
einichten Staaten nich viel her
machen wer'n?

Lude: 'n Salut wirden se schonst schießen.
Ede: Und NN läßt er se schießen.

Ede:

Lude:

Ede:

Die ^aMiemenscknitLer.

kein Muncier, ciass so eine Lank rnat LuSÄrnrnenkrachd.

Im Interesse « «

« « des Dienstes.

-tßlin lstanststariairath ward,

^ Weil er rin Geist van frri'rrr Urt,
Verwarnt, umkeindet und -ulrtzt
In rinr Grrn-prouin- versetzt —

Im Interesse des Dienstes!

Lr schwärmte für den Goethrbnnd,
hat selbst in seines her-rns Grund
Der Dichtung hril'ge Gluth entfacht —
Sa etwas ist nicht angebracht
Im Interesse drs Dienstes.

Denn wer sein Imt behalten will,
Verhalte sich nur immer still.

Dach wenn -ur Freiheit einer neigt,
Dann wird — dir Grrn-e ihm gr-rigt
Im Interesse des Dienstes.

vor dem MsmarckSenlrmal.

^ie Menge ärängt sich am poäium
Unä prüft äas Denkmal aufmerksam,
Der eine bleibt vor Ehrfurcht stumm,

Der andere propter inviäiam.
 
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